Die „Serendipity“ von Ross Marigold ist eine must-have Nymphe. Häv you eine?
Es war einmal vor vielen Jahren, da war der amerikanische Fliegenbinder John Betts auf einer Fliegenfischer-Show und hatte für das Publikum gebunden. Danach hat er sich hier und da unterhalten, noch ein Bier getrunken, und den Abbau von seinem Bindetisch ein wenig verschlafen. Als er sich daran machte das nachzuholen, war das Putzpersonal schon aktiv und fegte die Halle. Bei dieser Gelegenheit entdeckte der gute John einen Müllbeutel, der oben mit einem interessanten Material zugebunden war. Er ließ sich von der Putzfrau ein paar Meter geben, recherchierte ein wenig im Putzmittelzubehörhandel, und fand den faserigen Faden. Ein Produkt der Firma DuPont, einst für wasserdichte Jacken erfunden, schon lange in Produktion und im Auslauf begriffen. Nach ein paar Färbeexperimenten war ihm klar, er hatte etwas entdeckt. Und nein, das ist kein Märchen, so wurde Zelon, auch Z-lon, wirklich gefunden.
Es gibt das Gerücht, Betts und andere hätten die weltweiten Restbestände dieser Faser aufgekauft und kontrollieren nun den Preis. Ob das stimmt? Wenn man es heute im Bindehandel findet, muss man 8 bis 14 Dollar dafür geben. Könnte also stimmen. Für ein Stück Faden, mit dem man Müllsäcke zubindet. Die Gewinnspanne muss gewaltig sein. Ein Freund von mir kauft in Dänemark Antiquitäten und lässt gern die Kronenpreisschilder dran. Das nimmt er dann in Euro. Er muss ein Waisenknabe sein gegen den Bindematerialhandel. Man kann Z-lon mit Antron ersetzen, das glänzt etwas weniger, hat aber im Prinzip die gleiche Wirkung. Es ist meines Wissens eine Teppichfaser, die Gary Lafontaine einst „erfand“. Man bekommt es häufiger und günstiger zu sehen als Z-lon.
Die bekannteste Nymphe, für die man Z-lon oder Antron benötigt, ist die „Serendipity“ von Ross Marigold, der als Guide am Madison River den Ruf hatte, sehr große Forellen mit sehr kleinen Nymphen zu fangen. Craig Mathews vom „Blue Ribbon Shop“ war einer der Ersten, der das Potential der „twisted-strand nymphs“ erkannte, und in den Größen 14 bis 22 und in den Farben schwarz, braun, oliv, rot und creme sind die Nymphen seit den 70er ein Standard in jedem Flyshop. Natürlich inzwischen auch mit Goldkopf. Die echte „Serendipity“ erfüllte einen anderen Zweck. Durch das Material, die Luft im Material und das Hirschhaar hat sie eine Leichtigkeit, die andere Nymphen nicht haben.
Die besondere Form des Hirschhaarkopfes trägt außerdem dazu bei, dass die Nymphe von der Strömung bewegt wird. Denken Sie an eine Tauchschaufel, nur verkehrt herum. Da es uns nicht gelingen kann, den Kopf in völliger Symmetrie zu gestalten, versetzt er die Nymphe in eine dauernde Microbewegung. Gut möglich dass genau das zusammen mit der schönen Segmentation den Erfolg der „Serendipity“ ausmacht. Dabei sei nicht verschwiegen, dass man sie auch gern als Springer mit einer schweren Nymphe auf die Reise schickt. Da zählt dann mehr die Tiefe.
Man kann eine „twisted-strand nymph“ mit allem binden, was sich twisten lässt. Z-lon, Antron und Krystal Flash sind die wichtigsten Faser dafür. Gut möglich sind aber auch Jute, die Fasern innerhalb von Leinen und Makrameegarn. Die weißen Fasern in manchen Wäscheleinen lassen sich wunderbar aufwickeln und dann färben. Wenn man sonst nichts zu tun hat. Wir sind ja alle ein wenig John Betts. Ein Trick, von dem ich sehr viel halte, ist die kurze Versiegelung des Körper mit einem Feuerzeug. Man wickelt den verdrehten Strang in feuchten Lack und gibt dann jeder Seite einen Hauch von Flamme. Man kann auf Bild 3 erkennen, wie die Hitze die Oberfläche versiegelt hat. Die Fliege ist haltbarer und vielleicht etwas schwimmfähiger. Die „Serendipity“ eignet sich in kleinen Größen gut als Mücke, in größeren Formaten als Köcherfliege, und überhaupt als Suchnymphe. Und sie ist eine sympathische Erscheinung, denn die wenigen Nymphen ohne Goldkopf sind die letzten ihrer Art. Eine „must-have“ Nymphe für 2020. Auf zum Stock!
Ingo Karwath