Die „Peeping Caddis“ – oder: Die Kehrseite der „Peeking Caddis“.
George Anderson, der Besitzer von „Yellowstone Angler“ in Livingston, machte einst eine Nymphe populär, die man noch heute als „Peeking Caddis“ kennt. Und das muss man wohl als Untertreibung bewerten, denn er gewann mit dieser Fliege den „One Fly Contest“. Das wird jedenfalls immer wieder behauptet, und seine Siegerfliege von 1989 hat auch gewisse Ähnlichkeiten mit der „Peeking Caddis“ – jedenfalls wenn man die sechs Gummibeine abschneidet. Das Farbmuster, hinten dunkel, vorne hell, lässt sich schon erkennen. Aus der „Peeking Caddis“ entwickelte sich die „Peeping Caddis“, deren Name früher mal recht lustig an die Peep-Shows erinnerte, in der Schweiz auch als Stützlisex bekannt, bei denen man Markstücke in einen Apparat fütterte, der dann eine Klappe öffnete, die den Blick auf eine Nackerte auf einem Drehteller freigab. In München war 1976 das erste dieser „Theater“ gegründet worden, angeblich um mittellosen Malern zu ermöglichen, Aktmodelle zu malen… 2014 machte die letzte dieser Shows in Nürnberg zu. Die einzig legale Peep-Show ist heutzutage eben die, seine Nymphendose zu öffnen und die Kollegen kurz, ganz kurz auf die „Peeping Caddis“ schauen zu lassen.
Köcherfliegenlarven können und wollen nicht schwimmen. Sie wohnen meist in einem Unterwasserhaus, einem Bathyscaph geradezu, und da sie nicht ertrinken können, eines der wesentlichen Merkmale der Schwimmkunst, bezieht sich ihr Nichtschwimmerdasein eigentlich nur auf die Bewegung. Als Strömungstaucher und Grundkrabbler sind sie wahre Meister. In der Sportfischerprüfung brachte man mir mit 12 bei, sie heißen Sprock und sind ein prima Köder. Was für ein Irrtum. Sie sind ein prima Vorbild für einen Köder, doch der wird gebunden. In der Fliegenfischerei war es in den 70er Jahren modern, die Gehäuse täuschend echt nachzubilden. Die besten Erzeugnisse dieser Art bedienten sich eines verlassenen Köchers, den man hinten vorsichtig öffnete und dann auf einen grundbewickelten Haken leimte. Vorn noch Dubbing und Hechel, und fertig war die Wundernymphe. Dann aber beobachteten unsere Bindeentomologen, dass Köcherfliegenlarven sich aus dem Köcher recken und strecken, wenn sie aus Versehen oder Absicht abtreiben, und neuen Halt suchen. Dabei exponieren sie Kopf und Thorax, und der Kontrast zwischen Köcher und Thorax dürfte der Trigger sein, der Forelle und Äsche zuschnappen lässt.
Aus der recht einfachen „Peeking Caddis“ entstand die kaum komplexere „Peeping Caddis“, die aber mit der Antronverlängerung hinten einfach mehr Show macht. Als Carl Richards und Bob Braendle das Muster 1997 in ihrem Buch „Super Caddis Hatches“ vorstellten, lagen sie eigentlich weit hinter dem Zug, denn das Fischervolk hatte diese Fliege „erfunden“ und sie war als Gemeingut einfach schon da. Noch später ist Oliver Edwards als ihr Erfinder benannt worden, und wir verlassen mal lieber dieses dünne Eis der Fliegenerfindung. Auch ein Bleischrot vorne einzubinden – Leadhead – oder eine Perle als Kopf zu benutzen sind Volkserfindungen. In einer ganz alten Ausgabe von „Fly Fisherman Magazine“ gibt es ein Foto einer Fliegendose von Ed Sutryn, Vater der McMurray Ameisen, und man erkennt neben Nymphen mit Balsakopf eindeutig welche mit Schrotkopf. Das ist Grund genug sehr leise aufzutreten.
Ich plädiere dafür die „Peeping Caddis“ im alten Stil zu binden, also ohne Perle oder Schrot, sondern als klassisch beschwerte Nymphe. Ständig eine Perle aufzuziehen ist als würde man auf jeden Braten Maggi machen.
Rezept „Peeping Caddis“. Haken Größe 10 bis 16, 2x lang und 2x schwer; Bindeseide: schwarz oder braun; Beschwerung: Bleidraht; Kopf: Antron in oliv, gelb, orange, weiß, creme oder grün; Beine: Rebhuhn; Köcher: grobes Dubbing (gern mit Grannen oder Fibern versetzt).
Rezept „Peeking Caddis“. Haken Größe 10 bis 16, 2x lang und 2x schwer; Bindeseide: schwarz oder braun; Beschwerung: Bleidraht; Rippung: Ovalgold; Köcher: grobes Dubbing (gern mit Grannen oder Fibern versetzt); Thorax: feines Dubbing in oliv, orange, weiß, creme oder grün; Beine: Rebhuhn; Kopf: Straußengras, schwarz.
Ingo Karwath