Les Gallica

Ist es mein innerer Preuße, der diese geschlossenen Reihen liebt? Aber wie kann das sein bei meinen ungarischen und ostfriesischen Wurzeln. Und trotzdem, Fliegenfamilien haben was. Sehen Sie selbst.

Work in progress.

Von großen und starken Familien geht ein eigenartiger Reiz aus, ob sie nun Habsburg oder Windsor oder Ullstein heißen. Sie verbinden Vergangenheit und Zukunft, und zeigen nach außen nicht selten ein Bild von beneidenswerter Geschlossenheit. In dem Roman über die Ullsteins steht sinngemäß der schöne Satz, dass eine Familie mit möglichst vielen guten Schwiegertöchtern und Schwiegersöhnen immer erfolgreicher wird. In der Zeit unserer Scheidungsraten ist das ja eine vage Hoffnung, aber geordnete Gruppen aller Art sind und bleiben beeindruckend. Seien es Familien, Mannschaften, Motorradclubs, Flottenverbände oder Marschkolonnen. Selbst ein schön sortiertes Bücherregal vermittelt diesen angenehmen Eindruck. Eine äußere Ordnung lässt immer auf eine innere Ordnung schließen – Montessori – und Ordnung, seien wir ehrlich, gefällt vielen von uns. Ob wir sie dann mit den eigenen Socken und Gedanken immer so hinbekommen ist eine andere Sache. Darum macht uns eine schön sortierte Fliegendose ebenfalls Eindruck, obwohl wir ja wissen, dass die besten Fischer nicht selten Kraut und Rüben in Tabaksdosen bei sich tragen. Und die besten Fliegen alte Besen sind. Und trotzdem, in dieser Begegnung von Oberhaus – Dosenperfektion – und Unterhaus – Dosenchaos – steckt der Fortschritt. Wie Skues einmal bemerkte geht es bei den Fliegen immer um mehr. Sie werden erfunden und gebunden um mehr zu fangen. Halford wollte kein Dogma erfinden, er wollte einfach mehr fangen. Dann kam Skues und hat mehr gefangen. Und Halford war sauer! Toll, oder, der Stoff ganzer Bücher und jahrzehntelanger Debatten in zwei Sätzen. Sawyer konnte auf Halford und Skues zugreifen, wollte aber noch mehr fangen. So kamen wir zur „Pheasant Tail“. Und wir kriegen den Hals nicht voll und befischen nun Tiefen, die Lee Wulff einmal als Schonbereich der Forellen erhalten wissen wollte. Wir kultivieren jede Möglichkeit, mehr zu fangen. Können Sie mir zustimmen oder mache ich mich mal wieder unbeliebt.

De Boisset wollte ebenfalls mehr, als er zusammen mit George Massia und Gérard de Chamberet der Serie Gallica kreierte. Gewiss, es fehlen ein paar mehr Köcherfliegen, die Steinfliegen, die Mücken und Ameisen und Landkrabbler sind unterrepräsentiert. Aber die Fliegen sind immer noch ein so umfassender Ansatz, dass man nicht umhin kann diese Vermessenheit ihrer Erbinder zu bewundern. Wenn es denn eine ist. Ich mag Frankreich sehr, komme aber leider von einer Schule, an der man Latein und Griechisch lehrte. Englisch auch, aber Französisch in der nullten Stunde. Vor dem Unterricht. Das habe ich nur ein Jahr durchgehalten. Das tut mir heute sehr leid. Ich jedenfalls bewundere Les Gallica, und der Inhalt meiner beiden Trockendosen kann mit dieser Ordnung nicht mithalten. Zu verspielt, zu global, zu viel, keine Konzentration.

Wir wissen viel und kennen viel, und sehen vielleicht manchmal den Wald vor lauter Bäumen nicht. Deshalb ist ein Schritt zurück so sinnvoll. Macht man ja auch, wenn man vor einem Gemälde steht. Darum treten Sie doch einmal mit mir zurück und wir schauen uns zusammen die Serie Gallica aus dem Jahre 1939 an. Seide und Federn, weniger ist mehr. Ich habe die Taxonomie der alten Zeit mit Illies abgeglichen, also dem Buch natürlich, „Limnofauna Europaea“, und nenne die Vorkommen nach seinen Gebieten. Ich benenne sie am Ende des Artikels. An dieser Stelle ein Dank an Hans-Ruedi Hebeisen, der mir die Fliegen vor 30 Jahren schenkte. So waren sie damals im Handel. Die Bindeanleitungen von 1951 sind hier und da anders. Dazu später mehr in meinem Artikel „Die Rezepte zu Les Gallica.

Mouches de Mai no 1 à 5

Gallica no 1

no 1 Éphéméra vulgata – Subimago male

Die no 1 ist, wenn man die Zahl so auslegen möchte, der König der Trockenfliegen. Bei uns ganz allgemein als Maifliege, in England entweder als „mayfly“ oder auch als „green drake“ bezeichnet. Der Name hat weniger mit der Farbe „green“ zu tun, sondern mehr mit dem Erpel der Stockente, in altenglisch „green drake“, aus dessen Feder man die entsprechenden Fliegen in alter Zeit band. Man unterschied früher auch die dunkle Maifliege (Vulgata) und die helle Maifliege (Danica). Beide sind nicht zu verwechseln. Warum die Serie mit dem dunklen Muster beginnt ist mir ein Rätsel. Ich hätte anders begonnen. Vorkommen nach Illies: 4, 8, 9. 10 und 14.

Gallica no 2

no 2 Éphéméra vulgata – Imago femelle

Trotz der Maxime „Ladies first“, die man bei den Franzosen ja wohl auch erwarten darf, kommt die Königin der Trockenfliegen als die no 2 daher. Für den Fliegenfischer ist die no 2 im Ernstfall wohl wichtiger als die no 1, denn das Weibchen lässt sich sowohl beim Schlupf der Vulgata, als Spinner und mit einem entschlossenen Scherenschnitt auch als Spent Spinner fischen. Darum, suche die Frau die dahinter steht, so auch bei den Maifliegen. Madame ist eindeutig wichtiger als Monsieur. Obwohl, was wären sie ohneeinander. Vorkommen s.o.

Gallica no 3

no 3 Éphéméra danica – Subimago male

Die Danica ist ja eine völlig andere Art, wird aber ebenfalls oft nur als Maifliege bezeichnet. Und auch in England gibt man sich keine große Mühe und sagt „mayfly“. Regional hört man in Deutschland gelegentlich auch gelbe Fliege oder dänische Fliege. De Boisset gönnt dieser Fliege um ein Muster mehr Aufmerksamkeit, denn es gibt drei. Und in der Tat ist sie sowohl biologisch häufiger, optisch auffälliger, wie eine blonde Frau in der Dunkelheit, und bei Forellen und Fischern einfach beliebter. Sie ist für viele die eigentliche Maifliege. Darum hätte ich mir ihr begonnen. Vorkommen nach Illies: 4, 8, 9, 10 und 14.

Gallica no 4

no 4 Éphéméra danica – Imago femelle

Dies ist die zweite Königin der Trockenfliegen, und viele sind sicher mit mir der Meinung sie für die erste zu halten. Das ist für ich die Maifliege schlechthin, aber auch hier hat sich keine namentliche Würdigung ergeben. Sie nur anzuknoten und mit ihr zu fischen ist ein besonderer Moment. Fast eine Audienz. Den Maifliegenschlupf an einem guten Wasser zu erleben ist ein Ereignis, auf das man Geld und Zeit werfen sollte. Mit anderen Worten, kann teuer werden, und man hätte lieber eine Woche eher kommen sollen … oder später. Vorkommen s.o.

Gallica no 5

no 5 Éphéméra danica – Imago femelle mort

Der „spent spinner“ der Danica, in England als „mayfly spinner“ bezeichnet, markiert stets das Ende des Schlupfes. Und die Tage dieses Naturschauspiels sind gezählt, man nennt sie auch „duffers fortnight“, und wiederholen sich erst ein Jahr später. Vielleicht hat die Maifliege darum die Herzen der alten Herren am Test und am Itchen so berührt. Sie ist in besonderer Weise ein Bild des Lebens. Der Spinnerfall der Maifliege ist für den Fliegenfischer sehr ertragreich, und endlich mal ein Spinner, den man wegen seiner Größe gut sehen kann. Vorkommen s.o.

Gallica no 6

no 6 Olive moyenne – Subimago male

Taxonomisch Baetis rhodani, Englisch bekannt als „Large Dark Olive“, in Deutschland früher mal als Blaue Glashafte oder blaue Eintagsfliege. In Anbetracht einer so ‚grünen‘ Fliege unverständlich, denn man hat das Insekt nach seiner erwachsenen Schattierung benannt. Obwohl ja eine blockige Farbe niemals einen subtilen Ton benennen kann. Bei den Namen mischt sich oft ‚fynglish‘ mit ‚tynglish, Fliegenenglisch und Bindeenglisch, und so kann es kompliziert werden. Vorkommen: 4, 8, 9, 10 und 14.

Gallica no 7

no 7 Olive moyenne – Imago femelle

Hier wandelt sich der Name von einer Farbe zur nächsten, denn die weibliche Imago ist unter Anglern nun wieder als „Red Spinner“ oder eben Rotspinner bekannt. Aber nicht nur die Namen sind kompliziert in unserem Geschäft. Wenn nur ein Insekt so viele Namen hat, dann ahnt man schon warum man die richtige Fliege manchmal einfach nicht finden kann und die Forellen ungefangen bleiben. Aus Gründen der Übersicht lasse ich die deutschen Namen nunmehr weg. Französisch, Latein und Englisch sollen genügen. Vorkommen: s.o.

no 8 Olive moyenne – Imago mort

Immer wenn es von einem Insekt einen „Spent Spinner“ gibt, das halbtote Weibchen oder auch Männchen, zeigt sich die besondere Bedeutung einer Fliege. Einen guten Spinnerfall zu erleben ist stets eine Glücksache. Dann die richtige Fliege in der Dose zu haben ist der Himmel. Man sieht diesen „Large Red Spent Spinner“ nicht eben häufig auf dem Wasser, weil die Art nicht zu einer Masseneiablage neigt. Wenn sie da sind, sind immer ein paar Spinner auf dem Wasser. Das muss man wissen, wenn eine Forelle mal hartnäckig selektiv ist. Dann wirft man ihr eine Frage in die Drift: Rotspinner gefällig? Vorkommen: s.o.

no 9

no 9 Olive sombre – Imago male

Eine Imitation der Baetis alpinus (Vorkommen 4, 8, 9, 10), der Baetis gemellus (kein Vorkommen bei uns), sowie auch von Centroptilum pennulatum (Vorkommen 8, 9, 10), Cloeon dipterum (4, 8, 9, 10, 14) und Cloeon simile (Vorkommen 4, 8, 9, 10, 14). Da kommt man mit den englischen Namen kaum mehr mit. Für die beiden Baetiden kann ich keine Anglismen anbieten, aber die drei anderen kennt der Fachmann als „Large Spurwing“, „Pond Olive“ und „Lake Olive“. Die letzten beiden lassen auch die Seenfischer aufhorchen, denn auch Stillwasserforellen können immer mal wieder kritisch sein.

no 10 Olive sombre – Imago femelle

Auch hier ergibt sich die imitative und geografische Breite der no 9, aber natürlich als erwachsene Frau. Die Bindeweise erinnert an die amerikanische Lady „Quill Gordon“, aber letztlich erinnert jede radierte Pfauenfiber an die „Gordon“. Als Fliegenbinder sieht man von 9 zu 10 noch einmal ganz deutlich, was denn Subimago und Imago grundsätzlich unterscheidet. Da schwindet dann der Babyspeck und der Subimago entsteigt für ein kurzes Leben die schlanke, funkelnde Erwachsene. Man mag kaum glauben wie wichtig minimale Unterschiede in der Bindeweise sein können, aber es ist so. Vorkommen: s.o.

no 11 Olive Claire – Subimago male

Diese Fliege imitierte u.a. die Baetis bioculatus, die es überhaupt nicht mehr gibt, weil sie nun Baetis fuscatus heißt (Vorkommen 4, 9, 10). Außerdem die Baetis scambus (Vorkommen dito) und die weit verbreitete Centroptilum lutéolum (Vorkommen 4, 8, 9, 10, 14). Die entsprechenden englischen Namen sind „Pale Watery Dun“ und „Small Spurwing“. Bei der „Pale Watery“ muss man sich nicht wundern, sie in der Literatur für mindestens vier Insektenarten verzeichnet zu sehen. Für die Baetiden ist zu sagen, dass die ganztägig in Gruppen schlüpfen, von Mai bis Oktober. Also ist eine Olive Claire immer eine gute Wahl.

no 12 Olive Claire – Imago femelle

Dies gilt ebenso für das lockende Weib dieser Art. Sie ist sehr häufig in Kreideflüssen und hat eine Vorliebe für diese spezielle Wasserchemie. Der Schlupf vollzieht sich meist in Bereichen mit Wasserpflanzen. Im Herbst verlagert sich das Geschehen bei der Baetis vom ganzen Tag eher auf den frühen Abend. Für die Centroptilum, die besonders im Juni fliegt, gibt es die Meinung, dass sie bei einem gemischten Schlupf von den Forellen bevorzugt wird. Goddard mag das zwar nicht blind unterschreiben, aber mit der Olive Claire imitiert man ja ohnehin mehrere Insekten. Eines davon werden sie schon wollen, die schlauen Forellen.

no 13

no 13 Olive „Bleu de Fer“ – Subimago male

Imitiert die Baetis pumilus, die nun Baetis muticus heißt (Vorkommen 8, 9, 10, 14) und die Baetis niger (Vorkommen dito). Die Eisenblaue wird von de Boisset außerdem als Grundmuster für die herbstliche Äschenfischerei empfohlen. Genau dies ist die weltberühmte „Iron Blues“, die Eisenblaue, ohne die kein Fliegenfischer von Format am Wasser stehen sollte. Und das meine ich ernst. Wird man gefragt, auf was die Forellen denn steigen, ist die Antwort „Bleu de Fer“ nach dem Brexit auf dem Kontinent doch wohl viel angebrachter als „Iron Blue“. Klingt irgendwie auch leckerer, wie so vieles aus Frankreich.

no 14 Olive „Bleu de Fer“ – Subimago femelle

Die „Iron Blue“ war die Lieblingsfliege von John Waller Hills, der ihr mit seinem Buch „A Summer on the Test“ ein Denkmal gesetzt hat. Der Ehrlichkeit halber sei aber gesagt, dass er vorher „Lunn’s Particular“ zu besten Fliege der Welt erklärte. Die „Iron Blue“ hat jedoch ein eigenes Kapitel für sich allein. Es beginnt mit einem Binderezept aus dem Jahre 1681, mit Mauswolle und trauriger Aschenseide und traurigen Federn. Mit dieser Fliege hat Major Hills zwar nicht gefischt, aber eine Fliege wie die „Bleu de Fer“ ist am Jahresende seine fünftbeste Fliege. Sie liegt dabei nur einen Fisch hinter der „Lunn’s“ und nur drei Fische hinter dem Spitzenreiter, einer „Ginger Quill“. Vorkommen: s.o.

no 15 Olive „Bleu de Fer“ –  Imago femelle

Vielleicht hat die „Iron Blue“ auch deshalb einen besonderen Ruf, weil man ihr nachsagt an kalten und windigen Tagen zu schlüpfen. Und wie dankbar ist man einem kleinen Insekt, wenn es einen unmöglichen Tag möglich macht. In das Grau der Hoffnungslosigkeit kommt plötzlich ein Lichtlein, „Iron Blues“ schlüpfen, ein paar, ein paar mehr, und die erste Forelle nimmt mit einem leisen plop! davon Kenntnis. Eine Fliege, die an kalten Tagen schlüpft, ist wirklich eisenhart und hat den Namen nicht nur wegen der Farbe verdient. Vorkommen s.o.

Famille des Éphéméréllides no 16 et 17

Gallica no 16

no 16 Olive à ailes bleues – Subimago

Oder auch kurz und knapp BWO, „Blue Winged Olive“. Von Juni bis Oktober ist dieses Insekt immer mal wieder für ein grandioses Steigen verantwortlich. Die Fliege imitiert die bekannte Ephemerella ignita (Vorkommen 4, 8, 9, 10, 14), die so weit verbreitet und zahlreich ist, weil sie tolerant gegen verschiedene Wassertypen ist. Man findet sie in Wiesenbächen und Strömen, und ihr abendlicher Schlupf, ob nun in Massen oder nicht, ist für uns Fliegenfischer ein guter Grund mal wieder zur Kirche zu gehen oder aber politisch im Sinne unserer Natur zu handeln.

no 17 Olive à ailes bleues – Imago mort

Die Eiablage der BWO unterscheidet sich wenig von dem was andere Eintagsfliegen so leisten. Das ist für unseren Fangerfolg nicht wichtig, aber die Weibchen der BWO überantworten dem Wasser eine neue Generation, die zunächst bis zu 10 Monate als Ei lebt. Dann aber dem Ei entschlüpft und extrem schnell wächst und eine Nymphe vom Typ Mooskriecher ausbildet. Darum sollte man nicht in ganz schnellem Wasser mit diesem Insekt rechnen. Unterhalb der Rauschen, wo es Moose gibt, ist es besser.

Famille de Leptophlebides no 18 à 20

no 18

no 18 Leptophlebia marginata – Subimago

Die „Sepia Dun“ bevorzugt als schwimmende Nymphe die flachen Uferzonen von Flüssen und Seen, und ist dafür bekannt beim Schlupf entweder an Pflanzen an die Luft zu gelangen oder ganz einfach ans Ufer zu kriechen. Aber sie schlüpft auch auf die übliche Art und treibt dann sehr, sehr lange an der Wasseroberfläche. Das mag an ihrem frühen Schlupf liegen, im April und Mai, ist aber in jedem Fall für die Forellen und den Fischer höchst interessant. Das ist auch nur gerecht, denn die Tintenfliege ist nicht eben häufig. Vorkommen: 4, 8, 9, 10 und 14.

Gallica no 19

no 19 Leptophlebia vespertina – Subimago

Das muss man leider auch von der „Claret Dun“ sagen, die eine noch ausgeprägtere Vorliebe für Seen hat. Sie mag allerdings mooriges und saures Wasser und kommt in den entsprechenden Bächen und Flüssen eben doch vor. Als Nymphe mag sie Moose und Steine und schlüpft dann ab Mai und Juni, lieber noch im Juli oder August. Aber solche Zeitangaben sind immer abhängig vom Wasser, vom Land und vom Wetter. In jedem Fall sollte ein gestandener Rotweintrinker auch „Claret Duns“ in den Dosen mit sich führen. Sonst wäre er eine Schande für seinen Stand. Ich meine natürlich als Rotweinliebhaber. Vorkommen: 8, 9, 10 und 14.

no 20

no 20 Choroterpes picteti – Subimago

Dieses Insekt schlüpft nach de Boisset von August bis November an Doubs und Loue und ist dort bei den Äschen hoch im Kurs. Diese späten Fliegen werden jedoch nur darum immer wieder als Äachenfliegen benannt, weil ja die Forellensaison vorbei ist. Eine bestimmte Fliege als Äschenfliege zu bezeichnen sagt rein gar nichts über ihre Wirkung auf Forellen. Jede gute Äschenfliege ist in der offenen Zeit immer auch eine gute Forellenfliege. Vorkommen: 8, 9, 10 und 14.

no 21 Choroterpes picteti – Imago mort

Der Spinner der Choroterpes ist für einen nachdenklichen Fliegenfischer nicht leicht zu verstehen. Die Fliege wirkt eher noch dicker als die Subimago, und das kann eigentlich nicht sein. Im Original ist dieses Muster jedoch eine Hakennummer kleiner und hat sehr helle Flügel und eine deutlich hellere Hechel. Man ist versucht den Körper der 20 an die 21 zu binden, aber das lassen wir schön blieben. Klassiker bindet man nach Noten. Also lassen wir die Fliege wie sie ist und experimentieren lieber mit weniger ehrwürdigen Fliegen. Vorkommen. 4, 8, 9, 10 und 14.

no 22 Habrophlebia lauta – Subimago male

Dieses Insekt schlüpft von Juni bis September in den Bergen der Vogesen, im Jura und in den Pyrenäen, ist jedoch in Südengland gar nicht bekannt und trägt darum auch keinen Ehrennamen aus dem Stammland der Trockenen. Sie imitiert jedoch die noch bekanntere Habrophlebia fusca, die „Ditch Dun“, die als Nymphe so gern in der Vegetation klarer und nur schwach strömender Gräben und Bäche lebt. Typisch für die Bewässerungsgräben der Kreideflüsse, aber auch für Mühlengänge und Kanäle. Wo sie regional wichtig ist, werden die Experten sie schon kennen, oder? Vorkommen 4, 8, 9, 10 und 14.

Famille des Ecdyonurrides no 23 à 31

Gallica no 23

no 23 Epeorus assimilis – Imago femelle

Die Assimilis heißt jetzt Epeorus syvicola und kann in Farbe und Größe fast mit den Maifliegen mithalten, lebt aber eher in reißenden Gewässern und hat es darum an den Kreideflüssen zu keiner Berühmtheit gebracht. Das Binden von Epeorus-Nymphen war vor Jahren mal eine große Mode. Mit modelliertem Körper und platten Rückenteilen. Ich kann mich sogar an aufgemalte Augen erinnern, und ja, schuldig, ich habe auch so gebunden. Nymphen in schnellen Gewässern sind aber ähnlich wie flitzende Motorräder. Man kann die Marke einfach nicht erkennen. Nur Fachhändler können Marke und Doppler-Effekt zuordnen. Die Epeorus ist eine große Fliege, es macht Sinn sie ernst zu nehmen. Vorkommen:

no 24

no 24 Ecdyonurus forcipula – Imago femelle

Ein Insekt von zugegeben geringer Verbreitung und als entsprechende Imitation dann außerhalb seiner Regionen von geringerer Bedeutung. Andererseits schlüpft diese Art von März bis November und zeigt damit einen beeindruckenden Dauerschlupf. Hinzu kommt die Bindeweise, denn die Fliegen für stark strömende Gewässer sind stets etwas heftiger behechelt und darum immer auch gute Suchfliegen. Und dann noch die Ähnlichkeit mit der Ecdyonurus dispar, der „Autumn Dun“, und bevor ich dann mit einem braunen Palmer fische ist mir die no 24 doch lieber. Vorkommen: 4, 8.

Gallica no 25

no 25 Ecdyonurus flumium – Imago femelle

Für die no 25 kann gelten was auch für die no 24 schon gesagt wurde. Die Bindeweise ist typisch für schnellere Gewässer. Das Insekt schlüpft von Juli bis September in den Bergen der Vogesen, im Zentralmassiv und im Jura, und wie das Vorkommen zeigt, auch bei uns daheim. In der Behechelung etwas dunkler, im Körper aber etwas heller würde ich die no 25 auch noch als Imitation der Ecdyonurus insignis, der „Large Green Dun“ einsetzen wollen. Denn auch diese Fliege ist schon eher kapital zu nennen und eignet sich gut als allgemeines Muster. Das ist nicht eben der Sinn einer entomologischen Fliegenserie, aber es gibt keinen Nutzen ohne Mischnutzen. Vorkommen: 4, 8, 9, 10 und 14.

no 26 Ecdyonurus venosus – Imago femelle

De Boisset nennt diese Fliege die berühmte „March Brown“, obwohl ja „Late March Brown“ richtig wäre. Die eigentliche „March Brown“ ist die haarupi, die ja nun germanica heißt. Ob nun late oder nicht, von dieser Fliege gibt es nur das Imagostadium, denn die Nymphe schlüpft nicht schwimmend, sie krabbelt in ihren neuen Lebensabschnitt. Die Fliege ist nicht eben häufig, kommt nur regional vor, hat aber den netten Charakterzug von früh bis spät zu schlüpfen, was dann für Aktivitäten der Forellen sorgt, denn auch wenn sie nur krabbelt, es kann ja so viel schief gehen im Leben einer Eintagsfliege. Vorkommen: 4, 8, 9, 10, 14.

Gallica no 27

no 27

Dieses Insekt schlüpft im Mai und Juni, hat eine ansprechende Größe und ein wenig Ähnlichkeit mit der Vulgata. Wenn die Taille nicht wäre, die für den Binder eine Herausforderung ist, muss er doch einen weißen Faden einbinden und noch einen schwarzen rippen, und das im Millimeterbereich. Man fragt sich ob sich das lohnt, aber das Ergebnis, die no 27, in England bekannt als „Brown May Dun“, ist eine besonders hübsche Fliege. Vorkommen: 9. 10, 14.

no 28 Heptagenia sulphurea – Imago femelle

Diese Fliege ist ein Anblick, den man als Fliegenfischer weder übersieht noch vergisst. Ein Insekt wie ein Kanarienvogel. Sie schlüpft in den Monaten Juni, eher aber Juli bis Oktober, und zwar ganztägig, immer mal wieder nur ein paar Tierchen. Diese kluge Vorsicht scheint zu funktionieren, denn anderweitig selektive Forellen lassen sie oft passieren. Aber längst nicht immer. Und die Äschen kümmert es auch nicht, an ihnen kommt eine Sulphurea nun wirklich nicht vorbei. Außer sie heißt Libuda, aber den Witz versteht ja keiner mehr. Vorkommen:

no 29 Rithrogena semicolorata – Imago femelle

Die „Olive Upright“ ist eine ziemlich große Fliege, man könnte sie eine gut im Futter stehende BWO nennen, und der Experte erkennt sie leicht an ihren namensprägenden Hinterflügeln, die nämlich „upright“ sind. Und die Fliege hat, wie wir gleich sehen werden, seit 1939 erhebliche Verwandtschaft bekommen, auch in der Serie Gallica. Vorkommen: 4, 8, 9, 10.

no 30

no 30 Rithrogenia aurantiaca – Subimago male

Die Aurantiaca wurde von den Taxonomen einkassiert und heißt jetzt Rithrogenia semicolorata. Damit sind die Gallica no 29, 30, 31 zu einer Art verbunden und wir lernen zu verstehen, dass die von de Boisset als Junischlupf wahrgenommene no 29 dann doch bis September schlüpft, nur eben in den späten Kohorten und ein wenig schlanker gebaut. Vorkommen 4, 8, 9, 10.

 

no 31 Rithrogenia aurantiaca – Imago femelle

Wenn man es nun weiß, dann sieht man doch auf einen Blick die Ähnlichkeit mit der no 29, und es bleibt eine Frage des persönlichen Geschmacks, ob man lieber die deutlich gerippte no 29 oder die pfauenleibige no 31 bemüht. Oder beide in der Dose führt, als bleibende Erinnerung an Fliegenbinder, die früher einmal genauer als genau waren. Denn mal ehrlich, hinterher sind wie ja alle immer schlauer. Vorkommen s.o.

Famille de Polymitarcides

no 32 Oligoneuriella rhenana – Imago femelle

Für die Rheinmücke, sowie auch für die Theißblüte (Palngenia lngicauda) müssen wir keine englischen Namen bemühen. Damit haben die Briten nichts zu tun. Für diese leider seltene Fliege kann man auch die no 3 bemühen, aber vielleicht hat die echte no 32 doch ein Fach verdient. Insbesondere beim Rheinländer. Ihren Schlupf zu befischen könnte ein besonderes Lebensereignis werden. Vorkommen: 8, 9, 10 und 14.

Famille des Polymitarcides

Gallica no 33

no 33 Polymitarcis virgo

Dafür kennen wir zwar einen deutschen Namen, nämlich die Massenhafte, aber keinen englischen Begriff. Die weiße Fliege ist ein erstklassiges Äschenmuster, etwas kompakter als die kleine no 34, und auch ohne jedes natürliches Vorbild beim Abendsprung eine Erholung für die müden Augen. Man kann jederzeit entomologisch belegen was man am Vorfach hat und trotzdem einzig und allein auf die Bivisible-Wirkung vertrauen. Vorkommen: 8, 9, 10, 14.

Famille des Caenides

Gallica no 34

no 34 Caenis horaria – Subimago male

Bei der Caenis muss ich immer an ein Wort von Neil Patterson denken, der die Caenis allgemein als „chalkstream semtex“ bezeichnet. Im Englischen ist sie allerdings nicht nach einem Sprengstoff benannt, sondern als „Broadwing“ oder „Angler’s Curse“ oder „White Midge“ bekannt. Ohne eine passende Imitation einen solchen Schlupf zu erleben, der oft früh stattfindet und für den sich das Aufstehen lohnt, ist eine Höchststrafe. Aber Sie sind doch vorbereitet, oder? Vorkommen: 4, 8, 9 und 14.

no 35 Eurycaenis harisella – Imago mort

Dieses Insekt ist taxonomisch nicht mehr erfasst. Sie heißt nun Brachycerus harisella curt. Aber das muss weder uns noch die Forellen und Äschen kümmern. Besonders gefährdet sind die Äschen, denn die no 35 ist eine höchst gefährliche Fliege für Fahnenträgerinnen. Damit wären wir am Ende der Upwinged-Abteilung und kommen zu den robusten Kollegen. Vorkommen: 4, 8, 9, 14.

Trichopteres

no 36

no 36 Sedge de jour

Was für ein schöner Name, wenn eine Fliege Tagessedge heißt. Die Familie der Phryganes, die de Boisset hier im Sinn hatte, lebt mit vier Arten im Verbreitungsgebiet 4, mit zwei Arten in 8, 9, und 10, und mit zwei Arten in 14. Aber die Köcherfliegen sind generell stark vertreten in 4 und 8 und 10 bis 14. Obwohl man bei Sedges meist an den Abend denkt, so ist doch dieses aktive Insekt auch am hellen Tage immer wieder im Visier der Fische.

no 37

no 37 Sedge du soir

Die Abendsedge ist fast noch reizvoller als die des Tages, und wie jeder Fliegenfischer weiß, verbindet sich mit ihr die Hoffnung auf wild steigende Forellen. Wie wichtig eine exakte Imitation einer bestimmten Sedgeart sein mag bleibt umstritten. Die Bewegung der Fliege ist eigentlich von zentraler Bedeutung für die Abendfischerei, der kleine Zupfer, „the sudden inch“. Und je dunkler es wird kommt noch eine unmögliche Wurfgenauigkeit hinzu, denn die Forellen stehen flach und bewachen nur eine untertassengroße Fläche.

So, Freunde der Federn und des Fadens, das sind sie, die 37 Fliegen der berühmten Gallica-Serie. Man kann sie freundlich oder unfreundlich kritisieren, denn sie orientieren sich an Halford, und der hat ja viel Süßes und Saures auf sich gezogen. Aber darum geht es hier gar nicht. Mir geht es darum, einmal einen Blick auf eine historische europäische Fliegenserie zu zeigen, die bis auf den heutigen Tag interessant ist. Und uns herausfordert. Sind wir entomologisch so gut vorbereitet, wie man es mit je drei Fliegen von no 1 bis 37 wäre? Das ist die große Frage. Und wenn nicht, wäre es dann nicht Zeit daran etwas zu ändern. Und sollte unser Wasser gar keine oder zu wenig Eintagsfliegen haben, wäre das nicht mal ein Auftrag zu handeln und sich im Gewässerschutz einzubringen? Ob nun mit Halford oder de Boissset oder mit wem auch immer. Wir sind Fliegenfischer! Und was tun wir, wir fischen Bleiwürmer oder Tungstenfusel und tun so als wäre nichts. Begreifen 11 Fuß lange Ruten als Fortschritt und bunte Vorfächer als Zugewinn. Man muss Les Gallica nicht fischen, aber ich möchte zurück in die Zeit, in der man es konnte. Selbst eine kleine Serie mit einigermaßen passenden Hechelfliegen hilft schon sich zu erinnern dass wir die Insekten schützen müssen, nicht nur die Fische. Was sehen Sie denn vor Ihrem Fenster? Schnee, Regen, kahle Bäume? Na also, das ginge doch. Der Bindestock wartet. Binden Sie Les Gallica, und dann gehen Sie los und beschützen ihren Bach, ihren Fluss, damit man die Fliegen auch fliegen sieht.

 

Die Gebiete nach Illies:

Gebiet 4 Alpen

Gebiet 8 Westliche Mittelgebirge

Gebiet 9 Zentrales Mittelgebirge

Gebiet 10 Karpaten

Gebiet 14 Zentrales Flachland

(England und Irland und Skandinavien, wo die Arten teilweise auch vorkommen, wollte de Boisset mit Les Gallicanicht abdecken)

IK