Nymphe des Monats 5/20

Randall Kaufmanns „Timberline Emerger“. Eine Nymphe aus der Luft der Engel.

Ein Fundament anwinden, lackieren, und zur Darstellung der Nymphenhülle grauen Flaum von einer Wilddaune als Schwanz einbinden.

Den „Timberline Emerger“ von Randall Kaufmann gab es schon, als die Beatles noch zusammenspielten. Er ist ein Kind der 60er. Randall war damals ein fitter sehr junger Mann, und seine liebste Fischerei war in den Bergen, in der High Sierra, an den Seen an und oberhalb der Baumgrenze. Die Forellen in diesen Seen waren nicht unbedingt wild, denn in Amerika besetzt man auch direkt im freien Fall aus dem Flugzeug, aber überwiegend wild, und trotz ihrer harschen Lebensbedingungen können sie so kritisch sein wie nahrungsverwöhnte Forellen in Tieflandgewässern. Oregon ist mit 255.000 Quadratkilometern der neuntgrößte Staat der USA, und ist mit durchschnittlich 1000 Meter über Meereshöhe auch der höchste Staat. Obwohl vom Pazifik jede Menge Regen kommt, fangen die Küstenberge einen guten Teil ab, und weiter Inlands gibt es sehr trockene, sehr hohe, an Wüsten erinnernde Regionen. An Nevada und Kalifornien angrenzend ist aber auch die Sierra Nevada in Reichweite, und so gibt es keinen Mangel an hochgelegenen Seen mit Golden Trout.

Einen Kupferdraht einbinden und einen Dubbingkörper spinnen und wickeln. Gut sind grau, braun, oliv und alle möglichen Töne aus diesem Spektrum. Randall Kaufmann empfiehlt Hare-Tron. Hasendubbing mit Beimischungen ist eine gute Wahl, wenn man lieber selber mixen möchte.

Diese funkelnden Fische sind wohl die schönsten Forellen der Welt, und man erzählt, dass die alten Goldgräber kleine Forellen aus dem Oberlauf des Kern River und wo immer sonst sie welche fanden, in Kannen, Kanistern und Flaschen in der Berge trugen und in den abgelegenen Seen aussetzten. Natürlich mit der Absicht sie später größer und zahlreicher fangen zu können, wenn sich der kleine Hunger meldet. Das ist Volksmund, aber wahr, doch die Wissenschaft beschäftigt sich ernsthafter mit den Forellen, die von Mexiko bis Oregon mit mehreren Arten die höchsten Seen besiedeln. Schwiebert nennt in „Trout“ die Humboldt Forelle, die Greenbacked, die Gila, die Apache, die Oregon Red-Banded, die Moriah und die Alvord Forelle. Kann aber gut sein, dass die moderne Taxonomie auf der Basis von DNA-Analysen diese Namen einkassiert hat. Da ich vermutlich nicht mehr in diese Berge aufsteigen werden, bleib ich sozusagen mit Schwiebert wissenschaftlich im Tal. Die Luft dort oben, sagte Mark Twain, ist so wunderbar, weil es die gleiche Luft ist, welche die Engel atmen! Die Sierra High Route zu wandern und zu klettern, vielleicht mit Fliegenrute am Backpack, ist ein Vorhaben für sehr junge oder sehr fitte Fliegenfischer. Für meine Knie wäre das eher nix. Aber mit dem Heli rauf zum Timberline Lake, das ginge schon, wenn’s denn erlaubt wäre. Und das ist es nicht.

Den Kupferdraht rippen und zwei, höchstens drei Windungen mit einer passenden Trockenhechel anbringen. Brauntöne und Grautöne sind die richtige Wahl, aber auch Cree oder Olivtöne.

Der gleichnamige Emerger, den Randall Kaufmann für die Forellen der hohen Seen erfunden hat, der „Timberline Emerger“, ist darum meine einzige Verbindung zu den Gewässern auf 3000 Meter über dem Meer. Mein Handy speichert ungefragt täglich um die 20 Stockwerke, in dieser Health App, und ich bräuchte so gesehen ja Tage, bis ich da oben wäre. Fünfzig, um genau zu sein. Aber der „Timberline Emerger“ funktioniert zum Glück auch auf Meereshöhe. Das Urmuster hatte einen Schwanz aus Elchhaar, aber das hat Randall Kaufmann auf ‚Marabou‘ umgeändert. Man nimmt dafür die weichen Fibern an der Basis von Wildfedern, Fasan zum Beispiel, auch Perlhuhn oder Dschungelhahn. Obwohl immer wieder als Callibaetis eingeordnet, ist der „Timberline Emerger“ ausdrücklich ein Gruppenmuster für alle irgendwie schlüpfenden Fliegen. Von ihrem Schöpfer wird immer wieder angemahnt, seiner Bindeanleitung zu folgen. Die Flügel müssen so kurz sein, tut mir leid, auch wenn im Verkauft schlecht aussieht. Für uns Privatbinder ist das kein Thema. Ich fische die Fliege so lange, wie ich den Kaufmann’s Katalog kenne. Da war nie eine Lücke im Bestand. Ich hatte und habe sie durchgängig dabei.

Die Flügel bindet man aus zwei Grizzlyspitzen mit den glänzenden Seiten nach innen, und im Prinzip halb so lang wie der Haken. Aber das ist Ermessenssache, ich habe immer eine kleine Schere dabei, und länger kann man kürzen.

IK