Knifes out

For international readers: A little story about European knife laws.

Angler und Messer haben natürlich eine gewisse Affinität, obwohl man ja ehrlich sagen muss, so oft benötigt man es nun auch wieder nicht. Die Entscheidung, welches Messer man unbedingt braucht, wiederholt sich mehrmals im Leben. Es ist einfach so, dass ein Messerkauf für einen Mann, alle fünf oder so Jahre, ähnlich gesund wie eine Vorsorgeuntersuchung ist und natürlich regelmäßig wiederholt werden muss. Leider sind Krankenkassen-Apps noch nicht so hoch entwickelt, uns den nötigen Termin zeitgerecht mitzuteilen. So nach dem Motto: Gehen Sie zur Darmkrebsvorsorge, lassen Sie die Bauchaorta ultraschallen und kaufen Sie sich ein teures Taschenmesser. Das Ergebnis sind dann edle Messersammlungen, die im Erbfall bei eBay unter der Überschrift „Messerkonvolut aus wohlhabendem Haushalt“ angeboten werden. Da sind nicht selten Riesendolche dabei, und man fragt sich, was hat den Käufer wohl bewogen, so einen Prinz von Persien Säbel zu erwerben. Bei meiner ersten Reise nach Norwegen habe ich mich sehr amüsiert, dass sich einige der Reisenden noch im Autodeck das 40 cm lange Lappenmesser umschnallten und sich wichtig über Karten beugten, die sie auf Kühlerhauben ausgebreitet hatten. Ich selbst bin einfach auf der E6 nach Norden gefahren und dann in Støren rechts raus. Einen Bedarf für Messer und Karte hatte ich zunächst nicht. In meiner Kindheit war es üblich, dass man noch im Grundschulalter ein Fahrtenmesser bekam, und es war nicht verboten, mit dem Messer in der Lederhose zur Schule zu gehen. Wir spielten damit Pieken auf dem Rasenstück, aber es war immerhin verboten, auf Bäume zu werfen. Das war alles vermutlich weniger gefährlich als das passive Rauchen im Klassenzimmer, denn da wurde von Zigarette über Pfeife bis zur Zigarre alles gequalmt. Vorn am Pult. In der Stunde. Würde man heute einen 8jährigen mit einem Fahrtenmesser zur Schule gehen lassen, hat man als Eltern beste Chancen, noch am selben Tag einen Polizeibeamten, einen Sonderpädagogen, einen Schulpsychologen und jemanden vom Jugendamt kennenzulernen. Sollte sich ein Lehrer zeitgleich ‘ne Zigarre anzünden, verarzten die vier den gleich mit.

Meine eigene Sammlung hält sich in Grenzen. Von links nach rechts: Das Puma Anglermesser war ein Geschenk von meinem Vater zur Sportfischerprüfung mit 12. Das Gerber Trout & Bird kaufte ich als Student. Zur bestandenen Jagdprüfung bekam ich von meiner Mutter einen Frevert Nicker, von den Kollegen in der Redaktion Jäger ein Taschenmesser. Das Peer Gynt Messer schenkte mir meine Frau auf unserer Hochzeitsreise, das Lappenmesser bekam ich von einem unbekannten Schweden, für den ich einen 16 kg Lachs landete, das Mooreichenmesser von meinem Freund Frøde. Der Priest ist ein Brayshaw Eigenbau.

Sowohl die Gesetze als auch die Stimmung haben sich geändert, und wenn es um Klingenlänge und Feststellmechanismus geht, werden ein 17jähriger Punker mit einem Butterflymesser und ein 48jähriger Musikpädagoge mit einem Langiole über den gleichen Kamm geschoren. In Deutschland sind über 12 cm feststehende Klingenlänge am Gürtel oder eine entsprechende Klingenarretierung in der Hosentasche grundsätzlich verboten. Man darf zwar alles kaufen, aber nicht führen, also außerhalb der Wohnung oder des umfriedeten Besitztums griffbereit bei sich tragen. Auf dem Weg zur Jagd, zur Fischerei, Wald- oder Gartenarbeit darf man jedwede Machete nicht zugriffsbereit mit sich führen und dann bei der Ausübung von was auch immer benutzen. Nicht zugriffsbereit bedeutet, dass mindestens drei Handgriffe nötig sind, um an die Waffe zu kommen, sagen wir Autotür auf, Kofferraum auf, Rucksack auf. Für den Rückweg gilt wieder die Verwahrung hinter drei Hürden. In Dänemark werden ähnliche Regeln besonders streng ausgelegt, und die Neigung deutscher Angler, mit einer elend langen Blankwaffe am Gürtel in den Brugsen zu gehen, führt unweigerlich zu polizeilicher Aufmerksamkeit. Auch ein Fischklopper, vornehm ja Priest genannt, ist in der Öffentlichkeit streng verboten. In Norwegen war es ganz früher üblich, zu einer Hochzeitsfeier das Totenhemd für den Mann mitzunehmen, denn Messerkämpfe kamen immer wieder vor. Auch hier gelten ernste Messerverbote. Es ist ein guter Tipp, überall in Europa in der Öffentlichkeit kein Messer bei sich zu tragen, und das gilt auch für Schweizer-, Gentleman- und Adelsmesser. Möchte man darauf nicht verzichten, sollte man sich vorher über die jeweils gültigen Gesetze gut informieren.

Ingo Karwath