Almost

For international readers: The „Almost“, a challenge for every lover of crest, tinsel and silk.

Einen Einzelhaken mit einem Fundament bewickeln und entweder rote, braune oder gelbe Fibern einer Goldfasankörperfeder einbinden. Ich habe mich, weil ähnlich hübsch wie Crest, für gelb entschieden.

Die „Almost“ wäre almost eine Lachsfliege geworden, wenn man sich etwas mehr Mühe gegeben hätte? Diese Herabwürdiging ist natürlich überall dort unterwegs, wo jemand diese Fliege bindet, in den Dosen hat oder gar benutzt. Das Muster ist almost schwarz, almost unsichtbar und almost peinlich. Anderseits muss man natürlich konstatieren, dass hyperkomplexe Lachsfliegen auf drei wackeligen Fundamenten ruhen. Da wäre zum einen der Dünkel, ich bin reicher und also besser als du, und darum fische ich Fliegen mit Großtrappe, Dschungelhahn, Blue Chatterer und Indian Crow. Alles echt und aus der Wildnis, und der WWF kann mich mal. Nabu auch. Hinzu kommt als zweites Fundament der Mangel, wenn sich nämlich die Begeisterung von 51 Kalenderwochen Lachstheorie auf die eine Woche Praxis kapriziert, dann ist es des Guten leicht zu viel. Dann binden wir Lachsfliegen aus 24 verschiedenen Materialien und wollen daran glauben. Hätten wir 51 Wochen Praxis und eine Woche Theorie, gäbe es keine komplizierten Fliegen. Das dritte Fundament ist das Kartell. In 2024 wird der weltweite Angelgerätemarkt 25 Billionen Dollar umsetzen. In 2028 erwartet man die 30 Billionen zu knacken. Jährlicher Zuwachs 6 bis 7 %. Ein kleiner Teil davon wird vom Lachskartell bewirtschaftet. Das ist eine lose Gemeinschaft von Herstellern und Lodges auf der einen, Redakteuren und Autoren auf der anderen Seite, die ihre Hände in unseren Taschen haben und unser Portemonnaie bedienen. Das Prinzip ist einfach. Man verteilt umsonst Leckerli an Meinungsbildner, die uns dann einreden diese kaufen zu müssen. Aber, dünnes Eis, ich hatte in der Vergangenheit als Redakteur und Autor ja auch meinen Anteil an der Sache, schätze aber seit Jahrzehnten die freie Rede höher ein als die freie Angelwoche. Zurzeit wird uns eingeredet, dass wir mindestens zwanzig Sachen brauchen, einschließlich teurer Fertigteile, um eine vernünftige Lachsfliege zu binden. Das hat viktorianisches Niveau. Alles kommt in Tütchen und kostet so 5 bis 10 Euro. Man kann sich dem Ergebnis schwer entziehen, und ein aus acht Haarfarben und drei Flashsorten gefügter Flügel sieht einfach gut aus. Aber irgendwie ist der ganze Zug zum Stehen gekommen, und ich sage mal voraus, dass wir eine Renaissance der alten Hairwings erleben werden. Auf Einzelhaken. Das Lachsfischen wird sich verändern müssen, das ist nach diesem Jahr wohl jedem klar, und die drei Punkte, die Catch & Release überhaupt am Leben halten können, sind: Einzelhaken ohne Widerhaken! Landeverbot in weniger als 50 cm Wassertiefe! Fisch aus dem Wasser heben ist verboten! So könnte es kommen, und ich wäre dafür. Wer unbedingt so ein altes Fischfoto haben möchte, knipst sich mit leeren Händen in passender Stellung und lässt sich mit AI, KI, einen Lachs da reinbauen. Kein Problem. Zu dieser neuen Vernunft, zu dieser neuen Demut, würde die „Almost“ sehr gut passen. Sie kommt daher wie ein Mönch mit Kutte, ein Pastor mit Talar, bar jeden Tands, ohne Blingbling, einfach nur ein schwarzer Schatten. Was war das, denkt sich der Fisch, huscht sie vorbei, und das ist, wie wir wissen, die Knarrenfrage. Wenn ein Lachs das denkt, fasst er manchmal zu. Aber was red‘ ich. Irgendein Schotte hat mal geschrieben, der Cooper war’s, unter 3000 gefangenen Lachsen sollte man zum Thema die Klappe halten. Da wären ja alle Redakteure und Autoren stumm. Viel lustiger ist der Ansatz, dass 3000 Lachse meine Fliege gesehen haben könnten. Das möchte nach so vielen Jahren am Wasser wohl stimmen. Tight Lines mit der „Almost“. Sie ist der Einzelhaken Sunray Shadow. Wer die fischt hat meinen Respekt.

Einen schwarzen Körper aus Wolle oder Dubbing binden und nicht rippen. Hier Mohair, etwas nach oben gezupft.

Einen schwarzen Flügel aus Eichhornhaar anlegen und einbinden und die Fliege abschließen.

Ingo Karwath