For international readers: How to destroy the tranquility of fly fishing.
„Als Wettfischen gilt eine fischereiliche Veranstaltung, die ausschließlich oder überwiegend den Zweck verfolgt, unter einer Vielzahl von Teilnehmern durch Vergleich des unter festgelegten Bedingungen erzielten Fangergebnisses eine Rangfolge zu ermitteln.“ Das schönste filmische Dokument ist vermutlich „Ein Goldfisch an der Leine“ mit Rock Hudson und Paula Prentiss, aber auch „Ni vu, ni connu“, „Fisch oder Fleisch“, mit Louis de Funès, steht kaum dahinter zurück. Der beim Wettangeln an Charles Ritz erinnernde Kollege zu seiner Linken ist für Fliegenfischer sehr amüsant, und das könnte sogar Absicht sein. Es gibt keine Entschuldigung dafür, beide Filme nicht zu haben. Meine eigene Karriere als Wettangler geht in meine Junganglerzeit zurück und dauerte etwa drei Jahre, in denen ich weder ein Anangeln, ein Wettangeln noch das Abangeln gewinnen konnte. Ich hatte sogar eine durchsichtig grüne Robin Harris Match in 13 ft., und das war für Stipper so eine Art Brunner. Geschenk von Oma Aldenburg. Aber selbst die Jugendgruppe ‚trainierte‘ auf Brassen, und das war nicht mein Ding. Eine Kopfrute besaß ich nie. Ich scherte mit 15 bei der Abbiegung einsames Specimenfischen aus und ward nicht mehr gesehen. Zwei, drei Jahre später dann Fliegenfischen, militantes, ausschließliches Fliegenfischen. Aber wenn wir zu Zweit fischen gingen, dann war der Spruch: Kleines Match? durchaus nicht selten. Nur konnte man irgendwie nicht gewinnen, denn der Standplatz des Fisches, der gelungene Wurf, der kluge Drill und die Schönheit der Forelle waren so viel wichtiger als Anzahl oder Gewicht. Man konnte zugleich verlieren und gewinnen. Irgendwann Anfang der 80er an der Gmundner Traun traf ich Roger Bitton aus der Bretagne, und sein Satz: Der ist der beste Fischer, der die meiste Freude hat, ging mir nie wieder verloren. Ein Fliegenfischer kann nicht wettfischen. Das geht nicht zusammen. Es ist nur ein Wettfischer, der fliegenfischt, der an solchen Veranstaltungen teilnimmt. Aber woher kommt das alles. Schauen wir mal zurück.
Match Fishing in Little England

Eines der ersten dokumentierten Wettangeln war am 13. April 1846 das Match der Hulme Anglers Society gegen die Warrington Anglers Society am River Weaver. Hulme siegte. In den folgenden Jahren bis 1860 etablierten sich viele Clubs, die sich im Umfeld von Pubs bildeten. Die Jolly Anglers, Golden Trout, White Swans, Black Horses, Indian Queen und Kings Arms nannten sich praktischerweise gleich nach ihrem Stammlokal, denn dort konnte man die Fische auswiegen, die Preise vergeben und feiern. Startgeld war nicht selten ein Shilling, und damit war gleichzeitig auch ein Bier und ein Ploughman’s Lunch bezahlt. Für die Gastwirte und Gäste war das natürlich win-win, sind doch beide Seiten mit dem Verzehr recht glücklich. Hundert durstige Wettangler nimmt noch heute jede Kneipe gern. Als Preise wurden praktische Dinge gestiftet und vergeben, und es konnte den Anglerfrauen wahrlich nicht egal sein, wenn Männe mit einem neuen Teekessel, einem Besteck, einem neuen Mantel plus Hose, einem Schinken oder einer Silbervase heimkam. Sechs Gallonen Bier, 27 Liter, waren bei Madame vielleicht nicht so willkommen, falls dieser Preis den Pub überhaupt verlassen konnte. Bei einem Match beim Barnsley Fitzwilliams Club gab es 1875 ein Preisgeld von 27 Shilling, was heute ziemlich genau 200 Euro wären. Bei einem Großereignis, veranstaltet vom „Angler Magazine“, konnte man jedoch 1894 volle 50 Pfund gewinnen, und das wären umgerechnet fast 6500 Euro. Das „Angler Magazine“ berichtete auch über Matches und konnte in dem einen Jahr über 100 Veranstaltungen nennen. Im frühen 20. Jahrhundert hatte Tom Redford das „keepnet“, den Setzkescher, erfunden, denn nur zu oft bestand der Fang aus Katzenfischen, die man nicht für die Küche verwerten konnte. Man wog die Fische zusammen mit Bleikugeln, um die Waage überhaupt zu bewegen, und man konnte durchaus mit 60 Gramm insgesamt obsiegen. Daraus im Pub eine Wiegezeremonie zu machen war wohl jenseits der Peinlichkeitsgrenze, und nachdem die NFA, die National Fisherman Association schon 1909 das Keepnet einführen wollte, wurde es ab 1912 für Wettkämpfe zur Bedingung. So konnte man die Fische nun am Wasser wiegen und dem Wasser wieder zurückgeben, und „catch & release“, wenn auch etwas derb, wurde ein neuer Standard. Bei einem Match an jedem Wochenende hätte der Befischungsdruck die gut erreichbaren Gewässer vollkommen ruiniert. Das später aufkommende „specimen hunting“, also die Jagd auf kapitale Karpfen, Schleien, Barben, Barsche und Hechte, verstärkte dies noch, und man setzte die großen Brocken nach der Wiege- und Fotozeremonie zurück.

Behutsames Zurücksetzen wurde zum Standard in der britischen Coarse-Szene, derweil an den edlen Lachsflüssen die silberne Beute immer noch in Schubkarren abtransportiert wurde. Nachdem aber Fischfarmen und Befischung den wilden Lachsen und Meerforellen so zugesetzt hatten, dass sie kaum noch aufstiegen, wurden auch die Gentleman River zu Release-Flüssen. Die ohnehin bewirtschafteten Forellen der Kreideflüsse konnten davon profitieren und werden nicht mehr als Brace zur Hütte geschleppt, sondern ausgelassen. Auch am Stillwater ist Catch & Release der neue Standard, aber die Wett-Bootsangler tun sich schwer damit. In den 1960er Jahren hatte Benson & Hedges den schönen Zusammenhang von Sport und Husten erkannt, und begann mit einer Förderung von Tennis, Segeln, Rudern, Snooker, Cricket und Golf. 1972 erweiterte man das Spektrum mit dem Benson & Hedges Fishing Festival und förderte das Wettfischen auf Seen und Talsperren. Man musste sich in Heats qualifizieren, und konnte dann am Final teilnehmen. Diese Wettbewerbe waren für lange Zeit ein Zacken in der Krone des englischen Fliegenfischens, leiden heute aber unter Nachwuchsmangel, weil die Luft raus ist und die Jugend lieber Weltmeister werden möchten. Auch wird dort immer noch gekillt und gewogen, und das ist ja eher retro.

Tournament und Bass Master
In den USA haben sich ganz ähnliche Wettangeln ergeben wie in ihrer ehemaligen Kolonialmacht, aber mit der großartigen Erfindung des Norwegers Ole Evinrud eröffnete sich ab etwa 1910 die Möglichkeit, auch riesige Gewässer zu erkunden. Ole war es leid für ein Eis fünf Kilometer zu rudern und erfand den Außenborder. Damit konnte man auf weiten Wasserflächen wettangeln, aber noch typischer für die USA sind vermutlich die Billfish Wettbewerbe. Denn größer geht es wahrlich nicht. Ernest Hemingway begründete sein „Ernest Hemingway International Billfish Tournament“ 1950, das große Hawaii Event geht auf 1959 zurück. Hemingway ließ seine „Pilar“ 1934 von den Wheeler Shipyards bauen, und viele berühmte Hochseeangelyachten wurden in diesen Jahren gebaut oder umgerüstet. Zane Grey hatte es eher schon vorgemacht und seine Dreimast „Fisherman“ trug zwei Angelyachten huckepack. Er wollte mit Hemingway wettangeln, aber der sah nicht ein, seinen aufgehenden Stern von einem so unbeliebten Trivia-Kollegen beschatten zu lassen und ließ ihn abtropfen. Mit Fidel Castro und Che Guevara hat er allerdings gefischt, nur nicht auf seinem Boot. Die beiden gewannen 1960 das Hemingway International. Aber der Praxis, große tote Fische an einem Galgen auszustellen und sich als Kapitän und Angler feiern zu lassen, ging es von ganz anderer Seite an den Kragen. Ray Scott hatte 1967 das „Bass Master Turnier“ erfunden und verfügte 1972, dass bei den Turnieren keine Barsche mehr getötet werden. Jeder Teilnehmer hatte einen belüfteten Fischtank im Boot zu haben, und die gewerteten Fische wurden später an Land in Aquarien ausgestellt und wieder ausgesetzt. Was zunächst als Marketing begann, eine zurückgesetzte Tonne Barsche lockte die neuen Gäste, wurde zum Kern der Bassfischerei. Die Guides begannen ihre Gäste anzuhalten keine Fische mehr zu töten, und im Laufe der Zeit kam das Konzept auch im Hinterwald an. Der Stringer war out! Dieser Catch & Release Mainstream war viel wichtiger als Lee Wulffs Input von wegen „a game fish is too worthwhile“. Fliegenfischer sind eine Randgruppe. Neben den Billfish- und Bass-Tournaments ist in den USA der „One Fly Contest“ in Jackson Hole sehr bekannt, bei dem man nur mit einer Fliege fischen darf. Wird sie verloren oder zerstört, und kann nicht repariert werden, muss man aufhören. Das klingt einfach, aber die Regeln sind trotzdem komplex, weil unglaublich viele Ausnahmen verboten werden müssen. Es wird überwiegend trocken gefischt, wenn auch mit monströsen Schaumfliegen, denn eine schwere Nymphe würde man viel zu schnell verlieren und wäre draußen. Und Kleinfische sind nicht das Ziel, denn je größer der Fisch, umso höher die Punktzahl. Bis 12 Inches gibt es zwei Punkte, ab 12 Inches kommen Punkte hinzu, eine 20 Inch Forelle etwa erhält 2 für den Fisch und 150 dazu. Man müsste also 76 kleine Forellen fangen, um eine große zu kompensieren, was unmöglich ist, da man nur 8 Fische messen und werten lassen darf. Besondere Methoden brachte der Wettbewerb nicht hervor, aber besondere Fliegen. Die Fische werden ausnahmslos zurückgesetzt. Man muss wertfrei attestieren, dass „catch & release“ durch Wettangeln zu seiner heutigen Bedeutung kam. Danke dafür. Die amerikanische Seite hatte wohl auch mehr Einfluss auf die Lachs und Forellen fischende Upperclass in Britain, wo man plötzlich mit zwei Brace Bachforellen und acht Lachsen in der Schubkarre zum Abschaum gehörte. Das Vorbild der Coarsefischer hatte nicht gewirkt, denn wie auch sollte der blaue Kragen eine Wirkung auf die weißen haben. Alle Angler sind Lügner, sagte man früher, und nur die tote Beute war der Gegenbeweis. Das erledigt man heute mit dem Handy, neben Lee Wulff und Ray Scott die dritte Kraft, die Fische am Leben hält. Mir sind alle Gründe und Herleitungen egal, Hauptsache es ist so.

Na, die beiden kennt man doch! Fidel und Che beim Wettangeln. Foto: unbekannt, CC
Wir in Deutschland
Bei uns gab es bis 1988 fröhliches Wettangeln auf verschiedenen Ebenen, auch Deutsche Meisterschaften, bis der VDSF das 1989 verbot. In den meisten Vereinen gab es vorher im Jahresverlauf zwei Veranstaltungen, An- und Abangeln, mit einem oder mehreren Wettangeln dazwischen. Je nachdem wie affin der Vorstand dem Wettkampf war. Bei jeder Veranstaltung wurde gezählt und gewogen, und es wurden Pokale und Sachpreise verteilt. In meinem Verein musste man so um die 50 Kilo Fisch anbringen, meist Brassen, um im Gesamtjahr eine Chance auf den Anglerkönig zu haben. Das erinnert an den Schützenkönig, und so war es auch. Mein Vater war als Biologe solchen Veranstaltungen sehr abgeneigt und hat mich ungern oder gar nicht hingefahren. Zum Junganglerkönig hat’s nie gereicht, ich pokerte auch zu gern auf Karpfen. Ich erinnere mich aber dankbar an die Aufregung, die gute Stimmung, die Gemeinschaft, die man an solchen Tagen erlebte, und Hegefischen und Gemeinschaftsfischen sind ja auch weiter erlaubt. Für Wettkämpfe fahren Vereine nach Holland. Kiffen, Tulpen, Käse, Wettangeln? Wie gut, dass es auch Erasmus von Rotterdam, Marianne Timmer, Vincent van Gogh und Johan Cruyff gibt. Da es bei uns kein Wettangeln gibt, kann sich auch in Landeswettbewerben keine deutsche Mannschaft bilden, die legitim an ausländischen Wettkämpfen teilnehmen könnte. Auch, oder insbesondere, nicht im Fliegenfischen. Der VDSF hat also 1989 eine Schutzglocke geschaffen, unter der wir fröhlich angeln können. Das ändert leider nichts an der Tatsache, dass einige diese Wettkämpfe sehr attraktiv finden und sich von oben bis unten mit den Paraphernalien eines Wettfischers ausstatten. Kommt dazu der Wille, mit der Freundesgruppen viele kleine Fische zu fangen, dann müssen wir, wenn wir sehr tolerant sind, sagen: Oh, das ist nicht so gut! Ebenso wie illegale Autorennen gibt es in Deutschland natürlich illegale Wettangeln. Es wäre blauäugig das nicht zu vermuten. Gewässerwarte, achtet auf weiße Plastikrohre, die Pegs, mit denen man am Ufer Strecken einteilt. Die GoPro ist der Controller und Juror, mehr braucht es nicht. Man kann mit fünf Mann sehr leicht die Sektorenfischerei einer WM nachstellen. Aber das führt zu nichts. Da wartet keine Anerkennung. Eher Verachtung. Die CIPS, die International Sport Fishing Confideration, regelt seit 1952 mehr oder weniger alle Wettkämpfe und vereint in sich alle möglichen Fischjäger, vom Speerfischen bis zum Forellenpuffwettkampf. Die FIPS Mouche ist Teil dieser Organisation, die der Fliegenfischer nun wahrlich als schlechte Gesellschaft bezeichnen muss. Aber egal. Ist eben so. Für Deutschland ist der DSAV, Deutsche Süßwasserangler Verband, in der FIPS Mouche und träumt den Traum, dort mitfischen zu können. Pfui!

Jeder nach seiner Fasson, sagte schon Friedrich Zwo. Foto: Stanislaw Szydlo CC
Rein geschäftlich
Die Weltmeisterschaften im Fliegenfischen sind ebenso aufwändig wie teuer. Das lässt sich nur mit Sponsoren stemmen, und die haben natürlich ein vitales Interesse daran, ihren Eigennutz durchzusetzen. Wie schon bei den Kreuzzügen muss man vorher gut einzahlen, damit man überhaupt mitfahren darf. Dass die Teilnehmer mit Pipi in den Augen eher die romantische Seite einer solchen Fliegenfischerzusammenkunft sehen wollen, ist völlig in Ordnung. Jeder erlebt ja immer alles auf seinem Niveau. Die vorher in nationalen Wettkämpfen ausgesiebten Teilnehmer müssen an fünf Tagen in sechs Wettkämpfen fischen. Ein Computer wählt ihnen die Sektoren, Boote und Bootspartner aus. Eine Session dauert 2 bis 4 Stunden. Die Einzelheiten bestimmt der ausrichtende Landesverband. Möglich sind z.B. drei Flüsse, ein Bootsangeltag und ein gesplitteter Uferangeltag am See. Jeder Angelabschnitt hat einen Juror und jeder Angler einen Controller. Fisch im Kescher, schnell zum Controller, der hakt ab, misst und released. Eine verbotene Fliege wäre nicht möglich. Die Bewertung der Fische geht wie folgt: 20 cm sind das Mindestmaß. Dafür bekommt man 200 Punkte, und dazu 10 Punkte für jeden weiteren cm, eine 28 cm Forelle ist also 280 Punkte wert. Der Angler mit den meisten Punkten gewinnt innerhalb der 5er Kleingruppe, mit der er an seinem Sektor konkurrierte. Er bekommt dafür einen Punkt, der Zweite zwei, usw. Wer gar nichts fängt, erhält 25 Punkte. Höchststrafe. Es gibt wie gesagt sechs Angelzeiten. Vier am Fluss, zwei am See. Sechs Punkte wären der Jackpot. Individueller Gewinner der WM ist derjenige, der am Ende die wenigsten Punkte hat. Und die Mannschaft, die zusammen die wenigsten Punkte hat, ist Weltmeister.

Ab 20 cm gibt es Punkte. Foto: THWZ, CC, wikipedia
Zu diesem Konzept passt die Beobachtung, dass die Methoden so ausgerichtet sind, viele kleine Forellen zu fangen. Ein Hotelgast, der eine 54 cm Bachforelle gefangen hat, ist im Hotel der King. Beim Wettkampf wären das 540 Punkte und der Kollege mit den drei 21er Kleinstforellen hätte gewonnen. Das ist in sich lächerlich. Ebenso wie ein Setzkescher voller handlanger Rotaugen. Ich jedenfalls sehe da keinen Unterschied. Kelly Galloup sagte einmal dazu, man kann nicht Weltmeister im Fliegenfischen werden. Bestenfalls im Nymphenfischen. Ich denke nicht einmal das. Ein Freund prägte den Satz, das Fliegenfischen unterteilt sich in Krämer, Nutten, Clowns und Fischer. Die Krämer verkaufen Ruten, die Nutten benutzen sie für Geld, und die Clowns schreiben darüber. Die WM ist so eine Art Klassentreffen von denen.
Meinung
So, was soll man jetzt zusammenfassend dazu sagen. Ich bin dem VDSF sehr dankbar, dass er uns aus dem Rattenrennen ausgegliedert hat. So sind wir Beobachter und können uns unbeteiligt zurücklehnen. Alle unsere Überlegungen sind theoretisch. Die sogenannten Wettkampfmethoden gehen uns aber alle an, und sie sind heute das, was „Arthofer“ und Bleischrot früher einmal waren. Nun ist es aber so, dass wir von Charles Cotton bis etwa Halford unsere Fliegen getippt haben, so um die 200 Jahre lang, und dann von 1875 bis 1985 der aufrechte Normalwurf regierte. 1985 haben die Polen die FIPS Weltmeisterschaften wurflos gewonnen, und es begann die Zeit der gewebten Nymphen, der Bobeshes und Perdigones an der Schwipprute. Mit Ruten, die nur noch pro forma eine AFTMA Klasse haben, werden diese Nymphen bis zu 10, 12 Meter stromauf geschlenkert. Das ist eine absolute Kunstform für sich selbst und überwindet den aufrechten Normalwurf mit dem Gewicht der Schnur. Far and fine, möchte man mit Walton und Cotton sagen, und farer und finer geht’s doch nicht. Wir haben den Anschluss an die 200 Jahre vor Halford wiedergefunden. Wie kann man das schlecht finden. Es liegt an den Vereinen und Gewässerbesitzern mit ihren Bestimmungen festzulegen, was sie für erlaubtes Fliegenfischen halten. Das ist schlicht die praktische Seite, die uns Rutenlänge, Vorfachlänge, Fliegengröße, Schnurdurchmesser oder was auch immer erlauben und verbieten kann. Man muss aber bedenken, dass alle Wettkampfmethoden zunächst private Methoden waren, bevor das Licht auf sie fiel. Die Polen haben für die Pfanne polnisch gefischt. Nicht für die WM. Und nur mit dem Vorfach zu werfen war ein Tipp in den 70er Jahren in „Fly Fisherman Magazine“. Hieß „nylon nymphing“. Wenn wir alle diese kleinen Tricks nun behördlich regeln wollten, kämen wir in eine Fischereibürokratie, die den legendären Passierschein A 38 von Asterix in den Schatten stellt. An der Gmundner Traun etwa steht unter Regel 7: Verboten sind Tiroler Hölzel, Bleischrote, Squirmy Worms, Jigs größer als 8, Brotfliegen, Glow Bugs, Czech-French-Nymphing-Methoden. Muss man sich vorher überlegen, ob man dort Gast sein möchte. Ich stehe allen Verboten ebenso offen gegenüber wie allen Methoden. Selbst „nymph au toc“, Buldo oder Hegene bedeuten ja letztlich mit einer Fliege zu fischen. Wenn es erlaubt ist, nur zu. Ich möchte keinen Menschen deshalb schmähen. Die sich streitenden Geschäftemacher, sei es nun Wurfschule oder Rutenverkauf, gehen uns auch nichts an. Wir werden halt ebenso bewirtschaftet wie die Forellen. Was wir tun müssen, ist unser Fliegenfischen für uns selbst zu definieren. Natürlich darf das um eine Mitte schwanken, und alle Ausprägungen, selbst Auswüchse, sind okay, weil sie eine persönliche Reifung sind. Strike Indicator Pose. Hegenenfischen. Tiroler Hölzel Nymphe. French-Polish-Czech-Spanish-Nymphing. Alles ist gut, was einen nicht zum Jäger, Segler, Golfer, Flieger oder Münzensammler werden lässt. Dabeibleiben ist das Wichtigste. Wenn man von 16 bis 86 mit Begeisterung Fliegenfischer war, dann hat man alles richtig gemacht. Das ruhmreiche Ende dieser Entwicklung, die geschmähte Altherrenrute, 8,5 Fuß und Schnurklasse 6, geht ja meist darauf zurück, dass ihr Besitzer von Seide bis Leadcore, von Klasse 2 bis 12, 170 cm bis 360 cm schon alles gefischt hat. Und irgendeine Rute muss ja die letzte sein. Natürlich wäre es schön man hätte ein großes Haus am Kennet mit viel Personal und sechs Meilen Privatwasser. Da ginge man nach dem Tee und den morgendlichen Telefonaten mit dem Anlageberater und dem Gutsverwalter mal eben zwei Stunden fischen. Der Keeper hat die passend bestückte Fliegendose in der Hütte bereitgelegt. Die Sonne scheint, die Fische steigen, und alles ist gut, sehr gut. Aber gewonnen ist nichts. Unsere Herausforderung ist letztlich die, wie werden wir der beste Fischer. Wie werden wir der, der die meiste Freude hat. Eine Goldmedaille kann das ebenso wenig ändern wie ein Herrenhaus. Obwohl, schon okay beides.
Ingo Karwath, Clown