Der Enkeltrick

For international readers: How to make your grandson a fly fisher? Start with worms.

Natürlich steigt ein Fliegenfischer nur mit einem französischen Meeresnetz und einem an der Drehbank selbst gemachtem Pömper ins Meer. Schließlich gilt es einen Ruf zu wahren.

Angler wird man nicht, Angler ist man. Das Talent äußert sich zunächst darin, dass man schon mit vier Jahren einem Angler stundenlang zugucken kann, während andere Vierjährige die Aufmerksamkeitsspanne einer Kohlmeise haben. Ein unbekannter Angler an Teichen in der Nähe von Altenau im Harz fand meine Fähigkeit lange still zuzuschauen so besonders, dass er mir ein paar Haken, Bleie und eine Pose schenkte. Da war ich fünf, oder sechs, und das Ereignis markiert den Beginn meines Lebens als Angler. In der Familie, mein Vater hatte drei Brüder, meine Mutter als Halbwaise keine Geschwister, gab es keinen einzigen Angler. Nur ich würde diesen Weg gehen. Schwarzangeln im Stadtpark, Jugendgruppe und Hafenangler mit 12, Specimenhunter mit 14, Auch-Fliegenfischer mit 17, Nur-Fliegenfischer von 20 bis 66, mit minimalem Hang zu DIY Wobblern, Fliegenfischer und Allrounder seither.

Wenn Männer zu einem Abenteuer aufbrechen, ist das Alter letztlich egal.

Ich habe alle meine alten Hardy Coarse Ruten vom Boden geholt und fische was das Zeug hält, bin ja schließlich pensioniert. Leider hat sich, wohl vom Fliegenfischen tief implantiert, eine herzliche Zuneigung zu Würmern erhalten, die es mir unmöglich macht, sie auf einen Haken zu stecken. So ein Tauwurm ist mir einfach zu viel Tier, um ihn mitleidslos auf einen Haken zu fädeln. Bei Wattwürmern habe ich dieses Gefühl eigenartigerweise nicht, und ich denke oft dankbar an meinen Vater, der mir die Würmer gegraben hat, als ich noch nicht die Kraft dazu hatte. Nun denn, Konfessionen genug. Wie auch in anderen Dingen habe ich kein Interesse zu missionieren, und im Bereich von Hobby und Passionen sollte ebenfalls jeder nach seiner Fasson selig werden. Dieser handschriftliche Randeintrag von Friedrich dem Großen ist einer der wichtigsten Sätze der Welt.

Die blaue Daiwa Rute wartet auf ihren ersten Fisch.

Ich habe mich darum auch nicht bemüht, unsere Tochter für das Fischen zu begeistern, obwohl sie gelegentlich mit am Wasser war. Wenn ein Funke zünden will, dann zündet er. Der Segelschein und der Pilotenschein für Strandsegler machten bei ihr mehr Eindruck. Angeln eher nicht so. Jetzt ist die vergessene Aufgabe wieder da, und es würde mich ehrlich gesagt freuen, könnte ich meinen Enkel für das Angeln begeistern. Ich bin nach wie vor der Auffassung, dass man das nicht zu sehr wollen oder fördern sollte, sondern auch hier einfach mal schauen muss, ob es sich ergibt. Opa geht mit mir angeln hat zwar einen sehr hohen Stellenwert, aber das Strandzelt aufbauen und Würmer suchen ist natürlich viel reizvoller als der eigentliche Angelvorgang. Sprich auswerfen und warten. Kohlmeise eben. Aber das ist okay so. Ich denke ich werde mit einem spiraligen Curriculum arbeiten und alle zwei Jahre mal einen Angelausflug anbieten. Das ist ja bei einem Kieler Jung‘ nicht schwer, denn an Heringe und Platte kommen wir ja leicht ran. Kann wohl auch sein, dass ich ihm eine Gespließte baue und eine Rolle dazu, beides widme und weglege, falls er später mal Interesse entwickelt. Aber an der Stelle bin ich nicht mehr so ganz auf dem Boden mit Friedrich dem Großen. Klar soll er nach seiner Fasson selig werden, aber Fliegenfischen ist schon eine großartige Sache. Ich habe dieser Tage in der Ostsee gestanden und habe tief in mich aufgenommen, wie schön es ist das tun zu dürfen. In der Brandung fischen ist ja auch nett und bringt schönen Fisch in die Küche, aber Fliegen binden und Fliegenfischen und dann noch fangen ist nun wirklich die Fasson, nach der ich selig bin.

Und die Ostsee war so nett uns eine erste Scholle zu schenken.

Ingo Karwath