For international readers: A tribute to round reels.

Möchte man etwas Schweres auswerfen, am See oder am Meer, fischt der Rundrollenliebhaber natürlich Ambassadeur.
Wie wohl jeder Angler habe ich mit einem Haselnussstock und einem Stück Zwirn angefangen, und mit einem viel zu großen Haken unpassend kleine Stichlinge gefangen. Die gab es in der Kleinen Maade hinter dem Haus meiner Oma. Und kleiner als Hakengröße 8 oder 10 konnte Oma nicht anknoten. Die Fische meiner Kindheit habe ich vergessen, bis auf meinen ersten Aal aus der Maade und eine handlange Plötze aus dem Weißensee in Kärnten. Ich hatte heimlich seitlich eines Ausflugsbootes eine Schnur herabgelassen und bekam richtig Ärger. Meine erste vernünftige Angel mit Griff und Ringen war in einem Set mit einer grünen Grundrolle, und sie war mein ganzer Stolz, bis ich ein Set mit einer grauen Stationärrolle bekam. Ich habe mich schon oft gefragt, ob mich die erste Rolle irgendwie prägte und meine Begeisterung für runde Rollen letztlich zum Fliegenfischen führte. Aber wohl eher nicht, denn danach hatte ich Finessas von DAM, Cardinals von ABU, 300er von Mitchel, und bis heute im Bestand, Luxor Crack. Gute und extravagante Rollen mochte ich schon immer.

Für die übliche Schilfsitzerei benutze ich Ray Walton Centerpins. Mit denen man auch wunderbar treibangeln kann.
Über Jahrzehnte habe ich eine Distanz zu den anderen Angelmethoden gepflegt und ehrlich gesagt auch ein bisschen herabgeschaut. Das tut mir heute leid und ich entschuldige mich aufrichtig. Fuhr ich früher die Strecke von Hamburg nach Flensburg, dann habe ich die Forellenangler an den Teichen links der Autobahn immer mit einiger Verachtung wahrgenommen. So als edler Fliegenfischer auf dem Weg nach Dänemark, dabei hatte ich mindestens 20 Jahre lang stets eine Spinnrute dabei. Dann fuhr ich ohne Spinnrute, also ohne Sturmalternative, aber meine Einstellung gegen die Kollegen am Teich veränderte sich, sozusagen liberal gegen andere, hardcore gegen mich. Ja, gut, sie fahren mit ihren PKW’s zwar bis hinter die Holzhüttchen, aber im Gegensatz zu den Couchhockern mit dem Handy in der Hand sind sie draußen, aktiv, haben ein Hobby, haben ein Leben. Ebenso wandelte sich meine Einstellung gegen andere Methoden, weil das Fliegenfischen ja andere Methoden zu sich in die Kammer ließ. Wir binden rapalaähnliche Streamer, fischen überwiegend Tungstennymphen, werfen nur mit dem Vorfach, laufen stolz mit blöden Markenklamotten herum wie die Jugendlichen und zelebrieren auf Tiktok und Insta unser Tun. Vor dem Hintergrund ist klassisches Stippen eigentlich akzeptabel, oder? Fangen Sie bloß nicht an sich mit dem classic Coarse-Fischen zu befassen. Eine alte gespließte Karpfenrute ist auf dem Sammlermarkt doppelt so teuer wie eine Hardy Gespließte. Es lohnt fast eine Hardy Wye geschickt zur Karpfenrute umzubauen, wenn man sie verkaufen möchte. Zum Glück blieb ich davon verschont, mich für solchen Ruten zu interessieren.

Mit Hardy Silex kann man vortrefflich auf Hecht schleppen oder mal an einem Hotspot ansitzen.
Aber ich habe eine Rundrollen-Macke. Man kann es nicht anders nennen. Wenn man es mit einer runden Rolle machen kann, dann mache ich es. Das ist mein Kriterium für akzeptable Fischerei. Schon etwas weird, aber für mich funktioniert es. Sehr erfreulich finde ich außerdem, dass nach den Jahrzehnten der Jagd auf Lachs und Steelhead so langsam wieder Forellen und Äschen in den Fokus kommen. Das hat finanzielle Gründe, denn die Rente sind ja doch 30 % weniger als das Gehalt, aber auch körperliche, denn so wie früher 16 Stunden werfen und dann 8 schlafen und von Haferkeksen leben ist auch nicht mehr meins. Wenn mir eine charmante Bedienung ein Wiener Schnitzel bringt und sagt: Oan Guatn, Herr Doktor!, dann bin ich glücklich und nicht in Norwegen. Unzweifelhaft auch daran zu merken, dass ich mir neue Midge-Backen für meinen Bindestock gekauft habe. Ganz hinten im Hinterkopf habe ich den Gedanken, dass man im hohen Alter vielleicht davon träumt wie eine Gazelle an einem wilden Fluss herumzuspringen, aber die Realität kann ja sehr wohl werden, dass gemütlich im Schilf zu sitzen immer noch das Beste ist, was man hinbekommt. Wenn dann einer kommt und fragt: Na, Opa, haste schon was?, dann ist das immer noch viel besser als mit dem Handy auf der Couch. Denn ich war mal früher Fliegenfischer, ja, aber innen drin bin ich ein echter Angler. Wenn auch nur mit runden Rollen.

An meiner Felchenausrüstung arbeite ich noch. Aber wie man sieht ist die runde Rolle schon mal da.
Ingo Karwath