For international readers: Some thoughts on plane blade bevels.
Dieser Artikel wird vermutlich kaum fünfzig Leser interessieren, aber es ist ja das Vorrecht des Private Publishing, solche Annahmen zu ignorieren. Also, frisch auf ans Werk. Ausgelöst wurde alles durch eine Leseranfrage zum Thema Rutenbau und Hobelwinkel. Da bin ich kaum der Richtige, denn ich war nur auf einem Rutenbauertreffen in Holland, mit Udo Hildebrandt und Wolfram Schott, am 6.10.1984 im Gasthaus Schwan in Nieuwegein, und habe damals befunden, dass das nichts für mich ist. Nicht nur, weil wir uns nach Nijmegen verfahren hatten. Und um 04 Uhr losfuhren. Wir waren damals alle so um die 30, ich drunter, das ist alles über vierzig Jahre her, und die Szene heute ist wie eine Modenschau mit Dad Fashion. Lauter Graubärte mit Adam Sandler Klamotten. 1977 hatten Garrison und Charmichael alles losgetreten, aber selbst so ein dickes Buch lässt Fragen übrig.

Der berühmte Stanley 9 1/2, der so nett an das Gleis 9 3/4 von Harry Potter erinnert. Dieser ist gute 40 Jahre alt und ich benutze ihn mit einer Hock Klinge mit 45 Grad Fase. Hock klingt ja uramerikanisch und kommt im Prinzip aus Fort Bragg, aber die Klinge ist EU, Made in France. Mit diesem Hobel kann man eine Gespließte vom ersten bis zum letzen Strich bauen. In den Gusskörper ist innen Stanley und England eingearbeitet. Ursprung wirklich Sheffield.

Ein ebenfalls noch in England gebauter Stanley G12-220, mit einem 22 Grad Bett, und einer Hock Klinge auf 45 Grad. Ich habe ihn früher zum Vorhobeln benutzt, aber da hat ihn der Clifton verdrängt. Trotzdem, flotter Schlitten. Das Hobelmaul ist fix.

Ein alter Stanley G12-020, mit einem 20 Grad Bett. Auch so ein alter Vorhobler, der etwas ins Abseits geriet. 45 Grad Klinge von Hock. 20 oder 22 Grad ist eigentlich egal. Ich konnte nie einen Unterschied bemerken. Aber eben vorn verstellbar!
Also, Hobel: Wichtig an einem Hobel sind seine vier wirksamen Winkel. Er hat einen Freiwinkel, einen Spanwinkel, einen Keilwinkel und einen Schnittwinkel. Der Keilwinkel ist der Winkel der Fase, die wir anschleifen. Der Schnittwinkel entsteht durch den Winkel des Messerbettes plus Keilwinkel. Der Freiwinkel ist der Winkel unter der Klinge, der Spanwinkel der Winkel über der Klinge. Relevant ist auch noch das Hobelmaul, also der Spalt, aus dem das Messer kommt. Ein Beispiel: Ein Hobel hat ein 20 Grad Bett, seine Messerfase hat 30 Grad, dann ist sein Schnittwinkel 50 Grad, sein Spanwinkel 90 minus 50, also 40 Grad, und der Freiwinkel hat 20 Grad, nimmt man die Schneide mit dem Radius 0 an. Nun sind aber viele Zeichnungen dazu krumm und schief und der Zeichner verwechselte die Schleiflage der Klinge mit der Schnittlage oder folgte der allgemeinen Annahme, die Fase gehöre nach unten. Das ist nicht der Fall! In den üblichen Rutenbauhobeln, Low Angle Planes, mit einem 12er oder 20er Bett, gehört die Fase nach oben. Als Rutenbauer schliff ich meine Hobelmesser seit den Anfängen zunächst auf die Werte, die bei Garrison im Buch stehen. Aber das war durchaus kompliziert. Die auf Seite 29 erwähnte Palm Plane zum Vorvorhobeln hat ein Bett von 45 Grad und wird mit einer 25 Grad Klinge benutzt. In der Zeichnung zeigt die Fase nach unten. Auf Seite 47 wechselt Garrison zum 60 1/2 und schleift die Fase auf 29 Grad, was zusammen mit dem Bett einen Winkel von 42 Grad ergibt. Die Fase zeigt nach oben. Damit beendet er das Vorhobeln vor der Trocknung.

Ein alter Stanley G12-060 Made in England mit Hock Blade und 45 Grad Fase. Er ist schmaler und leichter als die Kollegen, und ist darum für die letzten Striche meine Wahl. Garrison nannte ja den 0,01 Span unser Ziel. Das sind 0,025 mm.

Auf dem alten Stanley 220 steht hinten auf dem Eisen noch 29 Grad in Udos Handschrift zusammen mit einer kleinen Winkelskizze. Die Fase hat er für mich gemacht. Das lass‘ ich so. Die 2 mm Gummimatte im Hintergrund rolle ich aus, wenn ich schleife. Der Stein ist ein 6000er King.

Der als Luxusklasse gerühmte Clifton Nr. 3 ist eigentlich ein bevel down Hobel, läuft aber wohl auch bevel up. Er hobelt aus der Verpackung heraus Bambus. Klinge und Spanbrecher sind verschraubt und haben je eine 20 Grad Fase. Das Messerbett hat 45 Grad. Ich habe seine Werkeinstellung belassen.
Nach der Trocknung greift Garrison wieder energisch an. Seine Sargent Plane für den Start hat ein Bett von 45 Grad und er schleift die Klinge auf 26 Grad. Die Fase in der Zeichnung zeigt nach unten. Er schleift dann seinen Scraper auf 41 Grad, Fase nach vorn, und stellt ihn auf 94 Grad nach vorn ein. Könnte man auch 4 nennen. Ist das Enamel entfernt, kommt wieder die Zeit der Low Angle Planes. Auf Seite 77 finden wir einen Stanley Hobel ohne Bezeichnung, der mit einem Winkel von 20 Grad und einer angeschliffenen Fase von 37 Grad mit 57 Grad angreift. Die Zeichnung ist soweit okay, und die Horizontale ist tatsächlich die Horizontale. Die Fase zeigt nach oben. Für die letzten Hobelstriche dann der Stanley 9 1/2 mit einem 20 Grad Bett und einer Fase von 32 Grad. Die Zeichnung verwirrt, weil die Horizontale nicht die Horizontale ist. Siehe Seite 79. Angriffswinkel so oder so 52 Grad. Ich finde das heute ebenso unklar wie früher. Ich kaufte mir damals gleich mehrere Hobel, zwei Stanley G12-220, einen G 12-020, einen 220 und einen 9 1/2 A. Die G-Eisen schliff ich auf 37 Grad. Bei dem 9 1/2 war die Sache klar, Bett 20, Eisen 32, Angriff mit 52. Das kann man fast einen Hobelvorrat nennen. Und was sagen die anderen Autoren so:
Barnes, den ich zu der Zeit eher nicht so gut fand und heute verehre, weil er so straight ist, erwähnt gar keine Eisenwinkel. Er benutzt eine nicht näher erklärte Block Plane und baut sich dann einen Scraper nach Bootsbauerart. Auch in seinem zweiten Buch erfolgt keine weitere Aufklärung.
Cattanach benutzt ausschließlich Hobel der Stanley 9 1/2 Gruppe. Er schleift die Messer im Prinzip auf 30 Grad. Angriffswinkel also 51 Grad. Er empfiehlt aber nur 25 Grad zu schleifen und dann eine kurze Fase mit 30 Grad.
Preben Torp Jacobsen benutzte einen 60 1/2 A, Bett 13 Grad, mit 43 Grad Angriff und einen 9 1/2 A, 21 Grad Bett, mit 51 Grad Angriff, schliff also die Messer stets auf 30 Grad.
Ray Gould rät dazu den 9 1/2 zum Vorhobeln zu benutzen und den 60 1/2 zum Endhobeln, jeweils mit einer 45 Grad Klinge. Bei kleinem Budget, so schreibt er, lieber nur den 9 1/2 kaufen.
Rolf Baginski erklärt den 60 1/2 und den 9 1/2 samt Variationen sehr gut, geht gründlich auf die Winkel ein und rät dazu eine 30 Grad Fase zu schleifen. Das Buch zeigt außerdem Veritas und Nielsen, ebenso Clifton, und er hat sie alle erprobt. Seine erste Wahl für Vorarbeiten war vermutlich der Clifton, der, Achtung, ein bevel down Hobel ist, aber im Rutenbau auch bevel up benutzt wird.
Auch Jack Howell verwirft den 60 1/2 und rät zum 9 1/2 mit 45 Grad Klinge, Angriff mit 66 Grad. Er berichtet von Rutenbauern, die mit 50 oder 55 Grad Klinge arbeiten, findet aber die beste erlebte Schärfe sei bei 45 zu erwarten. Sein Buch ist meine Nr. 1.
Ich folge seit langem diesem Rat und schleife meine Klingen auf 45 Grad auf ganzer Fläche, also ohne Mikrobevel. Meine Stanley Klingen sind aus den 80ern und ich finde den Stahl ganz okay. Meine Hock Blades sind besser, aber scharf ist scharf. Es fragt sich nur wie lange. Ich schleife mit Tormek und dann mit Wassersteinen, und zwar gern. Ganz neu bei mir ist ein Rali, und zum Vorhobeln ist der gut. Er muss aber nicht viel tun, weil ich einen Baginski Beveler benutze. Der Rougher ist mir zu laut. Ach, ja, doch, ein schönes Thema. Hoble gerade eine 8 Fuss Klasse 8. Für’s Kanusitzen in Kanada. Vielen Dank für die Anfrage, lieber Jörgen.

Liegt etwas breit in der Hand, ist aber sauscharf und schnitthaltig. Zum Vorhobel gut geeignet, wenn man auf Tormek oder Wassersteine keine Lust hat. Die Wechselklingen gehen aber ganz gut ins Geld.

Den Nielsen 212 muss ich bei Gelegenheit noch einmal anders herum fotografieren. Der Schiebeknauf ist das Hinterende. Die Klinge hat werkseitig eine 45 Grad Fase. Das habe ich so belassen. Man winkelt die Klinge 3 Grad nach vorn.

Es steht zwar Stanley drauf, aber man findet weder eine Seriennummer noch ist innen ein Info verarbeitet. Vermutlich aus Indien oder Fernost. War nix teuer. Ich habe in die Hobelsohle eine Nut eingefräst, konnte mich aber damit insgesamt nicht anfreunden.
Es gibt Rutenbauer, die supereigenartige Hobel zum Laufen gebracht haben und sehr glücklich damit sind. Es gibt also nicht den einen richtigen Tipp. Aber mit einem Hobel der 9 1/2 Gruppe und einen 45 Grad Winkel anzufangen, ist vermutlich nicht die schlechteste Wahl. Und eine Hock Klinge sollte man sich gönnen. Und dann einfach mal machen. Messinghülsen und Fujirollenhalter sind völlig okay. Man muss den Bambus zum Leben erwecken, gern einfach und pinsellackiert, denn gravierte Hülsen und Lederkoffer sind sein Waterloo.
Ingo Karwath