Die besten Dinge im Leben zeigen sich nicht selten als Paar.
For international readers: The ‚Dictionary‘ with flies tied with only two materials. 9 min read.
It takes two to tango, sagt man so schön, und auch für viele andere Dinge braucht es zwei, etwa Eier und Speck, Brot und Butter und Haken und Wurm. Genau damit möchten wir uns natürlich nicht befassen, aber mein Konzept, über Fliegen zu berichten, die nur aus zwei Materialien bestehen, kam flott zu einem quietschenden Halt. Ich hatte quer durch die Kategorien viel zu schnell drei Dutzend Muster zusammen, und wo kein Fokus, da kein Lexikon. Außerdem musste die Entscheidung getroffen werden, was genau zwei Materialien meint. Den Haken kann man gewiss nicht zum Material zählen, und auch die Bindeseide nehme ich als gegeben an. Und entscheide mich für Trockenfliegen, denn einfache Nassfliegen gibt es wie Sand am Meer, und für Streamer und Nymphen finde ich das Thema zunächst weniger interessant. Die vielleicht einfachste aller Fliegen, die berühmte „F-Fly“ von Marjan Fratnik, wird ebenso wie die „Rackelhanen“ von Kennet Boström damit zu einer Ein-Material-Fliege. Da haben wir nämlich Bindeseide und CDC, oder eben Bindeseide und Polypropylen. Bindet man ein paar Fäden Krystal Flash unter den Flügel, in der Praxis eine sehr bewährte Sache, hat man natürlich die zwei Materialien, die qua Definition nötig sind. Aber so hochkant möchte ich den Cent doch nicht teilen. Ich bin mal so konsequent beide nicht aufzunehmen, außer mir geht zum Schuss die Luft aus und ich brauche sie doch noch.
Buck Caddis. Trockenhaken Gr. 12 bis 16; Bindeseide: gelb oder grau; Hechel: Hahn, braun oder grau; Flügel: Rehhaar, vorn 2 mm stehen lassen.
Rocherka. Trockenhaken Gr. 14 bis 18; Bindeseide: rot; Schwanz: 6 Fibern Krystal Flash; Körper: Dubbingschlaufe mit 4 Federn CDC.
Copper Bug. Trockenhaken Gr. 8 bis 16; Bindeseide: schwarz; Körper: Pfauengras; Schwanz, Rücken u. Kopf: Reh- oder Hirschhaar.
Eine klassische Zweier-Fliege ist die „Buck Caddis“, es hält sich nur keiner dran, weil viele Binder einen zwanghaften Hang zum Dubbing haben. In der Originalfassung aber besteht der Körper aus Bindeseide. Ein Freund sagt immer sie wäre das einzige Roman Moser Muster, das er wirklich schätzt. Geht mir auch so. Sie ist der Indikator. Wenn ein Fisch die nicht nimmt, kann man schon mal Auweiha denken. Roman stellte sie in Heft 6, November/Dezember 1975, vom „Fliegenfischer“ vor, Seite 24, nannte völlig klar ihren amerikanischen Ursprung, und taufte sie auf ihren Namen. In den USA gab es sehr wohl eine „Bucktail Caddis“, und zwar lange schon, aber völlig anders gebunden und natürlich nicht aus Rehhaar. So wie hier gebunden hat sie Moser DNA. Von der Caddis komme ich mal direkt zur „F-Fly“, denn eine völlig runtergerockte „Buck Caddis“ ist eines der wenigen Muster, die da standhalten können, aber die „F“ passt hier wie schon gesagt nicht rein. Sie trägt nur ein Material. Die gerade ins Gespräch gekommen slowenische „Rocherka“ aber, ein CDC Palmer, übersetzt wohl „Rocker“, kann genommen werden. Ein Trockenmuster aus der Wettfischerszene ist wirklich eine Seltenheit. Aber es trägt dazu bei, das Schmuddelimage dieser Perlenfischer etwas aufzubessern. Weiter so. Der „Copper Bug“ aus den USA ist eine andere Trockenfliege aus zwei Materialien, und ich fische ihn seit Anbeginn meiner Fliegenzeit. Meine erste Rute war ja eine Fenwick FF 755. Man konnte sich bei Fenwick registrieren lassen und bekam das „Lunker“ Magazin, in dem ich den Bug für mich entdeckte. Von trockenen Spidern aus einer Hechel und einer Seide lasse ich mal die Finger weg, denn wo wollte man da anfangen und aufhören. Langweilig. Aber die „Black Ant“ aus Dubbing und Hechel könnte man nehmen, denn mit ihrer Mittelhechel verlässt sie das Spiderprinzip. Aber die kennen wir alle, während die „Bamboula“ von Dr. Jean-Paul Péquegnot eher unbekannt ist und auch nur aus zwei Materialien besteht. Das ist die „Grey Duster“ auch, und wenn ich den Pfosten für die Hechel aus dem Hechelkiel mache, halte ich mich an die Zweier-Regel. Die „Dyret“ wird oft noch mit Dubbingüberzug gebunden, aber man kann ihn auch weglassen und hat dann nur zwei Materialien.
Bamboula. Trockenhaken Gr. 14 bis 18; Bindeseide: schwarz; Körper: Hechel, gestutzt, schwarz; Hechel: Hahn, grizzly.
Grey Duster. Trockenhaken Gr. 12 bis 16; Bindeseide: schwarz; Körper: Bisamdubbing; Hechel: Hahn, badger.
Dyret. Trockenhaken Gr. 8 bis 16; Bindeseide: grau; Schwanz, Körper u. Kopf: Hirschhaar; Hechel: Hahn, grau, unten gestutzt.
Von den vielen möglichen Palmern wähle ich mal die „Assassine“ und habe damit das halbe Dutzend überschritten. Die „Griffith Gnat“ muss noch hinzu, auch wenn sie im Ansatz dem gleichen Prinzip folgt. Aber jetzt hakt es bei mir und hier locker weiterzutippen will nicht gelingen. Ich habe acht, möchte wie immer zwölf, mir fehlen vier. Nachdenken und Recherche müssen wohl sein, aber bevor ich überhaupt mit dem Hintern hochkomme, fallen mir die „Prawu“, die „Palú Sedge“, die „Grisjaune“ und die „Usual“ ein, wenn man sie zweifarbig bindet. Na, das war jetzt fast zu einfach, und ich frage mich, ob ich die Idee verwerfen sollte. Die „Prawu“ besteht nur aus etwas Polypropylen und Mufflonhaar, die „Palú Sedge“ aus Hirschhaar und Flügel. Aber die alten Binder hatten schon noch ein paar Tricks auf Lager. Das Haarmaterial für die „Prawu“ und die „Palú“ muss man nämlich vorher brechen. Das ist ganz ähnlich wie beim Flachs und bereitet die Haare auf. Man tut sich eine Portion in die hohle Hand und massiert sie mit dem Daumen kräftig hin und her. Das knickt die Haare an verschiedenen Stellen, kann sein, dass sie auch mal wirklich brechen, und im Ergebnis haben wir dann ein Dubbing, das so richtig schön wild aussieht. In einer Schlaufe angesponnen hat man den originalen Effekt. Die „Gelbgraue“, die ich durch General a.D. Ernst König und Dr. Kerstmaker kennenlernte, in Frankreich sagt man vornehm auch „Grise à Corps Jaune“, war früher einmal die Trockenfliege schlechthin. Eigentlich in ganz Frankreich, aber besonders in Comté, Burgund, und Fliegenfischer wie Devaux, Simonet, Gros und Née sangen ihr Lied. Es galt als Geheimrezept, sie mit schmutzigen Fingern zu binden, damit der Körper einen Grüntouch bekommt. Aber keine Sorge, das alte gelbe Gossamer wird allein durch Wasser grün.
Assassine. Trockenhaken Gr. 14 bis 18; Bindeseide: grau; Hechel: Hahn, dun; Kopfhechel: Rebhuhn, grau, gestutzt oder nicht.
Griffith Gnat. Trockenhaken Gr. 16 bis 24; Bindeseide: schwarz; Körper: Pfauengras; Hechel: Hahn, grizzly.
Prawu. Trockenhaken Gr. 10 bis 16; Bindeseide: rot; Flügel: Polypropylen; Körper: Dubbing, Mufflon.
Gegen die „Usual“ habe ich eine gewisse Abneigung, weil ich diese Sache mit den Hasenpfoten nicht mag. Hemingway hatte ja auch eine und sagte einmal, man spüre das Glück durch den Stoff kratzen, wenn man sie in der Hosentasche trägt. Mir ist die Kastanie lieber, die er Hotchner als Talisman gab. Wie kann eines Hasen Tod zu meinem Glück werden. Ich mag ihn wohl essen, aber dann ist es auch gut. Lässt man diese zwölf Fliegen noch einmal Revue passieren, kommt man zu der Frage, ob Fliegenbinden und Fliegenfischen nicht vielleicht viel einfacher sind, als wir davon hermachen. Wie zum Beweis häng‘ ich die „F-Fly“ und die „Rackelhanen“ doch noch an. Ein Material. Eines! Ob man diese Fliegen alle nun unbedingt haben muss sei dahingestellt. Vielleicht sogar nur sie, oder eine nur, so als fischender Simplicissimus? Niemand hat diese Frage je schöner beantwortet als Nick Lyons, der nach einer Begegnung am Fluss dem suggestiven Charme des Einfachen verfallen war und nur noch mit einer Dose „Blue Duns“ ans Wasser ging. Als er dann mitten in einem Blizzard von braunen Köcherfliegen stand, hat er die Idee aufgegeben. Uns wird ja von vielen Leuten nahegelegt was wir in den Dosen haben sollten und ohne welche Fliege ein Leben möglich, aber sinnlos ist. An dem Thema wird seit über 200 Jahren rumgeschrieben, und nun komm‘ ich hier noch dazu. Aber ich bin nur der Waffenhändler, schießen müssen Sie selber. Man benutzt bestimmte Fliegen, weil man mit ihnen fängt und Freude an ihnen hat. Diese beiden Anteile variieren. Der eine schätzt den Fang mehr als die Freude, der andere die Freude mehr als den Fang. Der Bock aus dem Heimatrevier, die Hechel vom befreundeten Hobbyzüchter, „Buck Caddis“ ist doch nicht gleich „Buck Caddis“. Die Rute gehobelt, die Weste genäht, die Dose geschnitzt, unsere Passion kennt so viele Freuden. Die einfachen Fliegen sind nicht einfach, wie wohl jeder einsieht, der schon mal Omelette oder Mayonnaise gemacht hat. Zwei Zutaten nur, und trotzdem großartig. Trifft der rundum behangene Euronympher mit seinen zwei Ruten in Halterungen auf einen alten Herrn im grünen Leinenhemd mit einer dreiteiligen Gespließten, wird der Unterschied vermeintlich augenfällig. Aber so einfach sind wir nicht auszurechnen. Der junge Mann hat womöglich „Prawus“ in der Dose, der alte Herr ein paar „Perdigones“. Gemeinsam sollte uns sein, dass wir in der Natur nur Fußtritte hinterlassen, dass wir eine gefundene Plastiktüte wirklich mitnehmen, und vor allem Fische anständig behandeln. Übereinander lächeln ist erlaubt. Es ist auf beiden Seiten nicht böse gemeint, denn jeder war jung, jeder wird alt.
Palú Sedge. Trockenhaken Gr. 8 bis 16; Bindeseide: braun; Körper u. Thorax: Dubbing, Hirschhaar; Flügel: hier Original Palú Flügel Nr. 191, 5-VII, sonst Ersatz; Fühler: Hirschhaar.
Grisjaune. Trockenhaken Gr. 10 bis 16; Bindeseide: gelb; Schwanz: Hechelfibern, rotbraun; Körper: Bindeseide, gelb; Hechel: Hahn, dun.
Usual. Trockenhaken Gr. 12 bis 16; Bindeseide: beige; Schwanz: Schneehasenpfotenhaar, weiß; Körper: Schneehasenpfotenhaar, olivgrün; Flügel: Schneehasenpfotenhaar, weiß.
Zwei obenauf
Wie schon im Text erwähnt, kann man der „F-Fly“ und der „Rackelhanen“ ein wenig Flash unter die Flügel binden. Eine Idee, die auf Clyde Bonner und seine „Brite Caddis“ Serie zurückgeht. Für den Unterflügel benutzte er aufgezwirbelten Makraméfaden. Ein Tipp von damals ist, das Material zu kochen, wenn es zu kräuselig ist. Ach ja, und obenauf war so ein Schnack von früher, wenn man 10 Brötchen für 50 Pfennig kaufte und 11 bekam. Eins obenauf, sagte der Bäcker dann.
Die F-Fly besteht aus Bindeseide und CDC. Die Rackelhanen aus Bindeseide und Polypropylen. Also Einmaterialfliegen. Mit etwas Flash unter dem Flügel aber passen sie hier…
Ingo Karwath