For international readers: Lost in gravel on the Gaula.

Weckt Erinnerungen – der alte Ruhesessel.
Es ist nun viele Jahre her, da fischten einige Mitglieder der holländischen Volleyball Nationalmannschaft an der Gaula, und was soll ich sagen, die fitten jungen Männer hatten weniger Ausdauer als die meisten mittelalten Kerle vor Ort. Das liegt daran, dass das echte Lachsvirus den ganzen Menschen befällt und seine Zentren für Müdigkeit und Pessimismus ausschaltet, den Menschen letztlich so steuert wie die Ratte Rémy unter der Kochmütze den Küchenjungen Alfredo Linguini in „Ratatouille“. Meine Vorstellung ging immer dahin, dass eine Miniausführung von John Ashley Cooper unter meiner Kappe sitzt und die Führung übernommen hatte. Sozusagen Togavirus salmonis ashley. Ein wichtiges Detail war darum vor der Fahrt in den Norden der Ankauf von verschiedenen Militärschokoladen, die ich jedem Lachsverrückten wärmstens empfehle. Die ehemalige Fliegerschokolade Scho-Ka-Cola war zusammen mit Schweizer Militärschokolade meine Wahl, und so wie ich mir heute für jeden Tag eine Havanna mitnehme, hatte ich früher für jeden Tag eine Schoki dabei. Unter 14 Stunden aktiver Fischerei habe ich selten mal einen Tag verbracht. Eher mehr. Das fordert natürlich seinen Tribut, und in der zur Neige gehenden Woche wird man immer irrer, weil ja die Woche zur Neige geht, die Kraft auch, und die Sehnsucht sich den Norden und die Lachse in die Seele zu brennen wird immer schlimmer. Je nach Rotation ergaben sich auf den Straßen und Wegen am Fluss gefährliche Stunden um Mitternacht und sechs Uhr früh, weil völlig übermüdete Lachsangler in die Autos stiegen und den Beat wechselten. Dabei gab es auf den Wegen am Fluss im Laufe der Jahre so einige Havarien, die dramatischste wohl mit einem japanischen Team, unter denen die unterspülte Straße weggebrochen war, und ihr Leihwagen ruhte freitragend auf der vorderen und hinteren Kante. Mich sollte es auch einmal erwischen, und wohl ebenso übermüdet wie leichtsinnig hatte ich die Idee ein frisches Kiesbett am Upper Langøy zu durchfahren, doch ich sackte vorn so tief ein, dass es kein vor und zurück gab. Aber das ist auch um 1 Uhr in der Nacht letztlich kein Problem, denn der Kofferraum war ja zugänglich und das Wasser kaum 200 Meter entfernt. Also nahm ich mein Zeug und fischte. Und fing auch einen mittleren Lachs, aber um 6 Uhr früh musste ich einpacken, Rotation, Ehrensache, und dann schlug die Müdigkeit voll zu. Also packte ich meinen Kram ins Auto und wanderte flussab in Richtung von Manfreds Haus. Dort kam es natürlich nicht in Frage die Familie zu wecken, und auf der Couch in der immer offenen Wiegehütte schlief ich sofort ein. Die Kühlschränke brummten gemütlich vor sich hin. So gegen 9 Uhr stand der völlig verblüffte Alexander vor meinem Lager, eigentlich sollte er etwas aus der Kühltruhe holen, flitzte wieder nach oben und ich hörte durch die Dielenbretter den Satz: Ingo liegt da unten! Das brachte Manfred in die Gänge, der erleichtert war keinen medizinischen Notfall vorzufinden. Ich bekam einen Kaffee und Pancakes. Ruckzuck hatte Manfred einen Trecker organisiert, der mich für 500 Kronen aus dem Kiesbett zog. Der übliche Tarif. Ich bin stolz ihn in all den Jahren nur einmal bezahlt zu haben. Statt der Fliegerschokolade nehme ich heutzutage lieber Marabou helnöt und bin eher lässig unterwegs. Noch nicht vom Alter gebeugt, aber doch abgebremst. In meinem Auto ist seither trotzdem ein Notzelt samt Ausrüstung, in dem ich jederzeit überall schlafen kann.

Unter einer Plane schlafen ist durchaus romantisch – hinterher. Lange, lange hinterher.
Ingo Karwath