Very long und even longer

Natürlich kann man den Einzelteilen einer Ausrüstung Prozente zuteilen und ihre Bedeutung auflisten, aber warum sollte man das tun. Im Ernstfall, sagen wir eine fitte 90er Meerforelle hat gebissen, wünscht man sich ohnehin jedes Teil gibt 100%. Denn die wiegt 20 Pfund. Je älter ich als Strandfischer werde, desto kürzer werden meine Würfe, und meine Vorfächer werden länger und länger. Und ehrlich gesagt auch dicker. Unter 0x mach’ ich es nicht mehr. Und ich finde das Vorfach deutlich viel wichtiger als früher, und stelle es in denselben Rang wie die Fliegen. Mein derzeitiges Standardvorfach ist ein gezogenes Stroft 9 Fuß auf 0,32. An das dünne Ende mache ich eine Perfection-Loop, das dicke Ende erhält eine bewickelte Schlaufe. Dazu spitze ich das Ende mit einer Rasierklinge auf 3 mm an, schmirgel 20 mm leicht an und wickel mir mit Bindeseide und Sekundenkleber eine Schlaufe. Danach stecke ich das Vorfach auf seine Pappe zurück. Am Wasser schlaufe ich das Vorfach an die Schnur, ziehe mir zwei Armlängen Tippet von der Spule und mache eine kleine Perfection-Loop und schlaufe das Tippet an das Vorfach. Dann klippe ich 25 cm Gunki 0,40 ab und mache eine ca. 2 cm lange Perfection-Loop an das eine Ende, messe auf 15 cm ab und knote mit einem Non Slip Loop Knot eine Fliege an. Früher hieß der Knoten Rapalaknoten, aber das verlässt den Wohlfühlbereich vieler Fliegenfischer. Diesen Seitenarm schlaufe ich auf dem Vorfach oberhalb der Tippetverbindung ein. Das rutscht bis zu den Schlaufen, aber nicht drüber. Die Streckerfliege sollte etwas schwerer sein als der Springer, dann rollt das Ganze besser ab. 270 cm Vorfach plus etwa 180 cm Tippet kommen auf 450 cm. Das ist schon deutlich viel länger als meine Rute, aber man kann auch mit einem 12 Fuß Vorfach plus 2 Meter Tippet agieren. Dann ist man bei 560 cm. Mit dem 450er fische ich tagelang ohne Tüddel, aber mir ist dieser Tage aufgefallen, dass wir Küstenwerfer schon einen eigenen Stil haben. Seitlich hinten hoch, mittig oben drüber, gut offen wegen des Springers, keine Wasserpatscher hinten und vorn, damit die Schnur schön flott bleibt. Vor dem Wind oder mit raumem Winde über links macht das echt Spaß. Im Drill ist die gewickelte Schlaufe unersetzlich, denn ein Vorfachende knotet sich sonst auf 2,2 mm Knotendurchmesser und das ist in den Ringen echt kein Spaß. Bei 450 cm muss man zuletzt in die Ringe drilllen. Die Wickelschlaufe flutscht da rein und raus als gäbe es sie nicht. Nach meinem derzeitigen Kenntnisstand ist dieses Vorfach nicht zu toppen.

Ingo Karwath